Eigenartiges ging wohl im früheren Weimar des Öfteren vor sich. Bei allen abergläubischen Erzählungen ist bekanntlich ein wahrer Kern vorhanden. Der Umsturz des Wachholderbaumes in Goethes Garten könnte tatsächlich geschehen sein. Alles Weitere, was danach gefolgt sein soll, ist noch schwerer nachzuweisen. Die einzige Grabstätte im Wurzelwerk eines Baumes wäre die unter dem Wachholderbaum in Goehtes Garten wohl nicht. So findet sich unter dem ältesten Baum Thüringens, einer 1.000-jährigen Eiche in Nöbdenitz, nachgewiesenermaßen die Grabstätte des Geheimen Rates und Minister Wilhelm von Thümmel (1744-1824). Doch was es mit den unheimlichen Erscheinungen am Standort des Baumes in Weimar auf sich hatte, kann wohl kaum rational erklärt werden.
Carolin Eberhardt
Einst stand in Goethes Garten am Park ein uralter Wacholderbaum, der eine Höhe von 13 Metern erreicht hatte. Doch in der Nacht vom 30. Zum 31. Januar 1809 wurde er durch einen Sturm geknickt und niedergeworfen. Die Sage erzählt, dass unter diesem Baum ein Schulmann, der ehemals der Besitzer des Grundstücks gewesen war, sein Grab hatte, weswegen es in der Umgebung des Platzes stets unheimlich war. Öfter sahen Bewohnern der Stadt Weimar, wie an dieser Stelle schöne gespensterhafte Mädchen zwischen dem Baum und dem alten Hause den Boden rein kehrten. Auch Goethe selbst soll dies wiederholt beobachtet haben. Beim ersten Morgenschimmer, so heißt es, habe er einst ein solches Mädchen beim Kehren des Platzes getroffen. Als die Gestalt sich Goethes Anwesenheit bewusst wurde, soll sie mit einem lauten Aufschrei in sich zusammen gesunken sein. Gleich darauf erschien eine schattenhafte Frau und nahm das Mädchen unter unverständlichem Gemurmel mit sich. Goethe war an diesem Morgen wohl sehr verstört, die kehrenden Mädchen seien seitdem aber nie wiedergesehen worden.
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Bildquelle: reinigung-frau-putzfrau-silhouette-3303737, Urheber: Mohamed_hassan via Pixabay.
Textquelle:
In Anlehnung an: Mitzschke, Ellen und Paul: Sagenschatz der Stadt Weimar und ihrer Umgegend, 1904, S. 67.
In Anlehung an: Böhlau, Helene: Die Ratsmädel gehen einem Spuk zu Leibe, S. 32f; neu erzählt von Carolin Eberhardt.