A. D. 1559, zu Anfang des Monats April, zog ich mit meinen Habseligkeiten, vor allem meiner Sammlung medicinischer, pharmaceutischer und chymischer Bücher, nach Weimar. Dieser Weggang aus Jena, am hellichten Tage und mit Verabschiedung von Colleghi und Studenten, war bei weitem keine Flucht, sondern der wohlüberlegte Weggang zu freundlicheren Gefilden, Weggang von zänkischen Theologen und Hinwendung zu der - wie ich hoffte - freundlicheren und offeneren Welt des herzoglichen Hofes.
Das jedenfalls sagte ich mir, obwohl ich doch auch sehr froh war und meine oder vielmehr die Schritte des Pferdes, das meinen Wagen zog, beschleunigte. Man hatte mir nämlich noch am Vortage hinterbracht, daß der sowohl strenge und einflußreiche wie auch eitle und intrigante Basilius Monner, Jurist und herzoglicher Prinzenerzieher sowie seinerzeitiger Ratsuchender bei meinem Vater und ein besonders eifernder Unterstützer des Fläz, geäußert habe, man solle mich festhalten und erst gehen lassen, wenn ich mich genügend gerechtfertigt hätte.
Mein guter Bruder Johannes erwartete mich am Markt in Weimar, auf den ich meinen Rollwagen lenkte. Er nahm das Pferd am Halfter, rief mir zu, ich solle auf dem Wagen sitzenbleiben und führte Pferd, Wagen und meine Person hinter zwei prächtige, zusammenhängende Häuser. Im linken Haus verbrachte Meister Cranach seine letzten und Christian Brück traurigen Angedenkens sozusagen seine vorletzten Jahre, bevor ihn in Gotha sein furchtbares Schicksal ereilte, wovon noch zu berichten sein wird. Das rechte Haus wurde von Antonius Pestel, herzoglicher Secretär, gebaut und bewohnt.
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Bildquelle: Luther, Paul (1533 - 1593), Mentzel, Gemeinfrei