Weimar-Lese

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Goethe hat ihn bewundert von Horst Nalewski

Horst Nalewski
Goethe hat ihn bewundert.

Goethes Begegnungen mit Felix Mendelssohn Bartholdy.

Der Musikkenner und international geachtete Literaturwissenschaftler Horst Nalewski erzählt anhand fünf ausgewählter Beispiele von dem außergewöhnlichen Aufeinandertreffen und Zusammenwirken zweier Künstler. Eine CD mit den Musikstücken liegt diesem Büchlein bei.
Erschienen 2011 im Bertuch Verlag.

Göchhausen – Anekdote

Göchhausen – Anekdote

Anette Huber-Kemmesies

Dass es sich bei den in der Anekdote verwendeten Initialen „Fräulein v. G." um die Hofdame Louise von Göchhausen handelt, geht aus dem Vergleich ihrer Biographie mit der im Text geschilderten Charakterisierung hervor. Demzufolge soll Louise von Göchhausen eine starke, intelligente Frau mit ausgeprägtem Humor gewesen sein. Doch nicht jeder verstand ihre Scherze und oft spielte sie den Menschen in ihrem Umfeld  Streiche. Infolge welcher Boshaftigkeit sich Goethe laut dieser Anekdote entschlossen haben soll, sich so sehr an ihr zu rächen, ist nicht bekannt. Doch jagte er der Hofdame einen gewaltigen Schrecken ein, der sie fast um den Verstand brachte:

„Höchst originell war die Art und Weise, wie Goethe einst an einer Hofdame, dem Fräulein v. G. sich rächte, einem sehr gebildeten, aber auch sehr boshaften Fräulein, das durch allerlei Umtriebe manche gesellschaftliche Irrungen veranlaßte. Der Weimarische Hof befand sich auf einem Sommersitz und war ziemlich eng logirt. Fräulein v. G. wohnte in einem Privathause. Dahin begab sich einst Goethe, als jene Dame der Dienst bei der Herzogin Amalie festhielt, nahm einen Maurer mit, ließ die Thür des Zimmers ausheben und die Öffnung dergestalt vermauern und überstreichen, daß das Ganze nur eine Wand zu sein schien. Er entfernte sich hierauf. Es war schon spät in der Nacht, als Fräulein v. G. nach Hause kam. Sie fand, wie gewöhnlich, unten ein brennendes Licht und eilte nach ihrem Zimmer. Oben auf der Treppe erlosch durch einen Zugwind das Licht. Zu stolz, selbst hinunter zu gehen und ihren Wirtsleuten ein gutes Wort zu geben, beschloß sie, im Dunkeln nach ihrem Zimmer zu tappen und im Nothfall die Kammerjungfer, die sie eingeschlafen wahnte, hinunterzusenden. Diese war aber durch jenes Manöver eingemauert. Vor ihrem Zimmer angelangt, suchte Fräulein v. G., mit den Händen an den Wänden herumtastend,  vergebens die Zimmerthüuuml;r. Schreien und Lärmen half nichts. Es kam niemand. Mehrere Stunden brachte sie zu, die Thür zu suchen, und nichts von dem Schalksstreiche ahnend, verlor sie fast darüber den Verstand. Die mitleidigen Wirtsleute kamen endlich mit Licht, und nun klarte sich die Sache auf. Maurer waren in der Nacht nicht zu finden und da die Kammerfrau hinter der Mauer ruhig fortschlief und, vielleicht absichtlich, nicht zu ermuntern war, so mußte die verzweifelnde Hofdame sich endlich entschließen, im vollen Putz des Gallatags, auf einem Sessel den Anbruch des Morgens zu erwarten, wo endlich Rath geschafft werden konnte."

 

(Anekdote gefunden in: Das große deutsche Anekdoten-Lexikon, Verlag von Fr. Bartholomäus Erfurt 1843/44.)

Bildquelle: Luise von Göchhausen - Büste von Louis Held (1851-1927), Wikipedia, Gemeinfrei

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