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Florian Russi
Der Drachenprinz

Märchen, Sagen und Geschichten aus der Mitte Deutschlands.

Goethe und Kaiserin Augusta

Goethe und Kaiserin Augusta

Carolin Eberhardt

Als die erste deutsche Kaiserin ist sie in die Geschichte eingegangen. Als die zweitgeborene Enkeltochter des Großherzogs Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach, welcher Goethe zu seinem engeren Freundeskreis zählte, sollte sie in große Fußstapfen treten, war doch der Herzog stets darauf bedacht, die kulturelle und geistige Entwicklung der Gesellschaft zu fördern. Ihre Mutter Maria Pawlowona, die Ehefrau des Erbprinzen Carl Friedrichs, engagierte sich hingebungsvoll für die Armen und Kranken in der Weimarer Bevölkerung. Die Erwartungen ihrer herzoglichen Vorfahren sollte die spätere Kaiserin Augusta mit ihrem Werdegang noch um einiges übersteigen.

In ihrer Funktion als angetraute Frau des ersten deutschen Kaisers, Wilhelm I., legte Maria Luise Augusta Catherina von Sachsen-Weimar-Eisenach in der Öffentlichkeit eine ruhige Zurückhaltung an den Tag. Vielversprechend und aufschlussreich erschien daher am Ende 19. Jahrhunderts ihr schriftliche Nachlass.

In einer Zeit, in welcher Weimars Herrschaft dem Großherzog Carl August unterstand und der Kreativität Goethes noch kein Abbruch getan war, wurde die Prinzessin Augusta 1811 als zweite Tochter des Erbprinzen Carl Friedrich von Sachsen Weimar Eisenach und dessen Frau Maria Pawlowna geboren. Doch war es auch eine sorgenschwere und zukunftsunsichere Zeit, folgten doch im Rahmen der Napoleonischen Kriege ständig währende Durchmärsche preußischer Truppen durch Weimar, wurden doch hier die Verwundeten der Schlachten in Lazaretten versorgt. Auch an dem beschaulichen, kulturell geprägten Weimar gingen die chaotischen Kriegswirren folglich nicht spurlos vorüber, auch nicht an der frühen Kindheit der Prinzessin. Doch sollte ihr bald das Glück der politischen Ruhe zuteil werden, die durch den Wiener Kongress eingeläutet wurde.

Die Erziehung Augustas wurde zu großen Teilen durch ihre Mutter Maria Pawolwna realisiert, und so verwundert es nicht, dass sich der mütterliche, tugendhafte Charakter auch später bei der Prinzessin ausprägte. Besonderen Wert in der Erziehung ihrer Kinder legte die Gemahlin des Erbprinzen Carl Friedrichs auf die fürstlichen Umgangsformen. Mit keinem geringerem als dem Dichterfürsten Goethe selbst wurden die Erziehungsfragen und- sorgen beratschlagt, die junge Mutter sah sich in ihrer elterlichen Pflicht unterstützt, zum Nutzen der Prinzessinnen. Zur sommerlichen Abwechslung und Belustigung erwarb Goethe den jenaischen Prinzessinnengarten. Ein lebhaftes Zeugnis der erzieherischen Arbeit Goethes legte der Vertraute der erbprinzlichen Familie, Heinrich Meyer, in seinen Schilderungen ab. Er berichtet von einem Aufenthalt in genanntem Garten an einem Sommertag des Jahres 1816, an dem ebenfalls der Dichter anwesend war. Gemeinsame Ausflüge, Zeichenarbeiten und erzählte Geschichten standen wohl auf der Tagesordnung. Auch soll Goethe den Prinzessinnen chinesische und arabische Schriften zum Schreiben und Verständnis vorgelegt haben. Meyer beschreibt Augusta dabei als „wie immer recht lieb“.  Goethe genoss die gemeinsame Zeit mit der fürstlichen Familie augenscheinlich sehr, betrachtete er sogar gemeinsam mit Carl August und Goethes „kleinen Lieblingen“ im September 1820 eine Sonnenfinsternis.

Seine Zuneigung gegenüber der kleinen Prinzessin Auguste äußerte Goethe unter anderem durch ein eigens für ihren 9. Geburtstag geschriebenes Gedicht, welches die bekannte Szene des Prinzessinnengartens schildert:

 

Alle Pappeln, hoch in Lüften,
Jeder Strauch in seinen Düften,
alle sehn sich nach dir um.
Berge schauen dort herüber,
Leuchten schön und jauchzen lieber;
Doch der schöne Tag ist stumm.

Luftschalmeien will man hören
Flöten, Hörner und von Chören
Alles, was nur Freude regt.
Selbst an seiner strengen Kette
Springt das Freundchen um die Wette
Immer hin und her bewegt.

Und so täuschen wir die Ferne,
segnen alle holden Sterne,
Die mit Gaben dich geschmückt.
Neue Freude, neue Lieder
Grüßen Dich! Erscheine wieder!
Denn der neue Frühling blickt!

Bei einer weiteren kleinen Geschichte Goethes, deren Kulisse das Abendlicht vor dem Hintergrund Belvederes zu Weimar zu sein scheint, wird als Motivationsquelle ebenso die junge Prinzessin vermutet:

Erleuchtet draußen hehr vom Sonnengold,
Bewohnt im Innern traulich, froh und hold,
Erzeige sich dein ganzes Leben so:
Nach außen herrlich, nach innen hold und froh.“

Schillers Frau, welche in Belvedere zu solchen Gelegenheiten öfter zugegen war, bestätigt die ausgelassenen Vergnügungen der jungen Prinzessinnen in einem Bericht, in dem sie bezeugt „die Prinzessinnen sind glücklich wie die Engel und leben mit der Natur, den Vögeln, den Blumen“.

 

*****

Textquellen:

Lill, Johann: Kaiserin Augusta, die Schloßherrin von Coblenz, Kraus, 1890.

Schrader, Otto: Augusta, Herzogin zu Sachsen, die erste deutsche Kaiserin, H. Böhlau, 1890.

Bildquellen:

Vorschaubild: Augusta von Sachsen-Weimar-Eisenach, Deutsche Kaiserin und Königin von Preußen, 1853, Urheber: Franz Xaver Winterhalter via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Augusta von Sachsen-Weimar-Eisenach, 1830, Urheber: Alexander Clarot; fotografiert von: Peter Geymayer via Wikimedia Commons Gemeinfrei; neu bearbeitet von Carolin Eberhardt.

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