Friedhöfe sind Geschichtsstätten, und das trifft besonders auf Weimars Historischen Friedhof zu. Hier befindet sich die „Fürstengruft" mit den Grablegen des Weimarer Fürstenhauses und den Särgen von Goethe und Schiller sowie die Orthodoxe Kirche mit der Grabstätte der Zarentochter und Erzherzogin Maria Pawlowna. Seit 1818 war er aber auch die Beerdigungsstätte für die Weimarer Bürger. Bis dahin erfüllte diese Aufgabe der Jakobsfriedhof und zuvor der Platz an der Herderkirche. Der Historische Friedhof wird heute nicht mehr belegt. Man findet auf ihm die Grabstätten vieler aus der Geschichte bekannten Personen, darunter das der Familien Goethe, Falk und Hummel, der Frau von Stein, von Johann Heinrich Meyer, dem Freund und Kunstberater Goethes, von Friedrich Wilhelm Riemer und Johann Peter Eckermann. Die Inschriften auf den Grabsteinen lesen sich, soweit sie noch erkennbar sind, wie ein „Who is Who" der Weimarer Stadt- und Hofgeschichte.
Es wird deutlich, dass Weimar nicht nur der Wohn- und Wirkungsort von Erzherzog Karl August, Goethe und Schiller war, sondern dass es viele Persönlichkeiten waren, die das Leben in der Residenzstadt mitbestimmt und geprägt haben. Ins Auge fällt die Grabstätte der Familie Stichling. Constantin Stichling war großherzoglicher Kammerdirektor und Schwiegersohn von Johann Gottfried Herder. In erster Ehe war er mit Julie, einer Tochter Christoph Martin Wielands verheiratet gewesen. Unmittelbar an der Südseite der Orthodoxen Kirche wurde der Euphrosinestein aufgestellt, der an die von Goethe verehrte, jung verstorbene Schauspielerin Christiane Becker-Neumann erinnert.
Der Historische Friedhof in Weimar ist einer der meist besuchten in Deutschland. Hier finden sich auf engem Raum viele bedeutende Namen und Erinnerungen an wichtige Taten und Ereignisse. Ein großer Teil der Gräber ist verfallen, die Grabsteine verwittert, die Grabstätten von Gras, Moos oder Flechten überzogen. Handelte sich nicht um einen Totenfeld, könnte man den Ort romantisch nennen. In jedem Fall ist er eine Stätte der Besinnung über die Vergänglichkeit in den menschlichen Kulturen.
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Fotos: Florian Russi