Jean Paul charakterisierte mit den Worten der Titelunterschrift (Geliebte, Schwester, Mutter und Pflegerin), was Karoline für den verehrten Johann Gottlieb Herder war. Seine Bücher hatte sie gelesen, sie wusste um seine Freunden, um seine Leiden, um seine Sorgen, um seine Gedanken. Und sie mochte ihn - wie ein Sohn. In einem Brief an Gleim heißt es: „Der beste Mensch, sanft, voll Geist, Witz, Einfällen, das beste Gemüt und ganz in der reinen Welt lebend, wovon seine Bücher der Abdruck sind."
Karoline Flachsland.
Schon auf Goethe hatte die leidenschaftliche, liebevolle, menschenkluge und intelligente junge Frau einen unauslöschlichen Eindruck gemacht. In „Dichtung und Wahrheit" ist ein Abglanz davon zu finden.
1770 trafen sich im Haus des Geheimrats Hesse in Darmstadt Johann Gottfried Herder und Karoline. Und von Stund' an kämpfte sie um diesen Mann. Es gab viel Ähnlichkeiten zwischen beiden. Vielleicht war es deshalb auch manchmal so schwierig, miteinander umzugehen. Aber zugleich waren die Gemeinsamkeiten so intensiv, dass das Verstehen, Empfinden, Begehren den einen an den anderen band. Der Mann, verantwortungsbewusst zögerlich, weil er so mittellos, wie er war, eine Familiengründung vor sich her schob, musste sich von Karoline belehren und bekehren lassen: „Ist's die garstige Geldsache und können sie die als Wolke ansehn? Das denke ich nicht. Aber unbesorgt für alles, ich halte die Leitschnur." Das wurde ihr Programm. Drei Jahre später wurde geheiratet.
Sie lernte das Haushalten mit dem Wenigen, was sie erwerben konnten, und sie versuchte, die „Öconomie" ihren Kindern (nicht immer erfolgreich) beizubringen. An Emil, ihren 1783 geborenen Sohn, schrieb sie: „Schulden zerdrücken Herz und Geist und Leben... Lieber heute gefastet, gedurstet, gehungert und sich verschlossen, um morgen ein freier Mensch, schuldenfrei zu sein."
Ihre Hartnäckigkeit als Geldeintreiberin, die auch vor dem Herzog nicht verstummte, war Goethe lästig. Ihre Freundschaft zerbrach.
Ihren Kindern war sie immer, vor allem aber auch dann, als diese das Elternhaus verlassen hatten, eine sorgende, aufopferungsvolle, mahnende Mutter. Gottfried, der Älteste, wurde Arzt, starb früh (1806) während einer Typhusepidemie in Weimar. Wilhelm wurde Kaufmann in St. Petersburg. August, Adelbert, Emil und Rinaldo machten ihr als Erwachsene Sorgen. Luise, die einzige Tochter, blieb bis zu Karolines Tod bei der Mutter. Dann übernahm sie die Pflichten um das literarische Vermächtnis des Vaters. Nachdem dieser am 18. Dezember 1803 gestorben war, hatte Karoline unermüdlich Texte, Briefe und Material über Johann Gottfried Herder gesammelt. Sie verfasste selbst „Erinnerungen aus dem Leben Joh. Gottfried Herders", die - leider unvollständig, sogar verstümmelt und schlecht redigiert - erst 20 Jahre nach ihrem Tod erschienen.
Sie starb am 15. September 1809.
Legt einen Blumenstrauß zu ihrem 200. Todestag auf ihr Grab in Weimar! Sie hat es verdient, dass ihrer gedacht wird.
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Literatur
Wilhelm Dobbeck: Karoline Herder. Ein Frauenleben in klassischer Zeit.
Hermann Böhlaus Nachfolger. Weimar 1963
Herders Werke in fünf Bänden
Aufbau-Verlag Berlin und Weimar. 1969
Fritz Kühnlenz: Weimarer Porträts. Männer und Frauen um Goethe und Schiller.
Greifenverlag zu Rudolstadt o.J. (1961)
Günter de Bruyn: Das Leben des Jean Paul Richter
Mitteldeutscher Verlag o.J. (1975)
Goethes Poetische Werke. Vollständige Ausgabe Achter Band. Autobiographische Schriften
Phaidon Verlag o.J.