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Kennst du Heinrich Heine?

Wilfried Bütow

Entdecken wird der Leser einen modernen Dichter und einen großen Anreger. Kunstfertig in vielen Genres, geht Heine souverän mit den Spielarten des Komischen um, erweist sich als ein Meister der Ironie und der Satire und weiß geistreich-witzig zu polemisieren. Bewegendes ist über den späten Heine zu lesen: Sein Leben in der "Matratzengruft" und die Dichtung dieser Jahre als Balanceakt "zwischen Tränen und Gelächter"

Heinrich Heine

Heinrich Heine

Florian Russi

Im Oktober 1824, im Anschluss an seine „Harzreise", kam der damals 27-jährige Heine nach Weimar in der Hoffnung, dort auch auf Goethe zu treffen. Wilfried Bütow („Kennst Du Heinrich Heine?", Bertuch Verlag Weimar 2005) dokumentiert diesen Besuch:

Bei Goethe 1824 - ein misslungener Besuch

Mit der konventionellen, freundlichen Herablassung die das Bild zeigt, wurde sicher auch Heine von Goethe begrüßt als er ihn in Weimar besuchte. Bereits 1824 hatte der junge Heine ihm seinen soeben erschienenen Gedichtband geschickt. Goethe hatte nicht geantwortet. Im Oktober 1824 bittet Heine den großen Dichter um eine Audienz. Auch dieser Brief ist in der damals üblichen Form abgefasst, wenn von einer Person, die einem höheren Stande angehörte, eine Gunst erbeten wurde.

... erwarte die Gewährung meiner Bitte

Ew. Excellenz
bitte ich mir das Glück zu gewähren einige Minuten vor ihnen zu stehen. Ich will gar nicht beschwerlich fallen, will nur ihre Hand küssen und wieder fort gehen.
Ich heiße H. Heine, bin Rheinländer, verweile seit kurzem in Göttingen und lebte vorher einige Jahre in Berlin, wo ich mit mehreren Ihrer alten Bekannten und Verehrern (dem Hugo Wolf, Varnhagen etc.) umging und Sie täglich mehr lieben lernte. Ich bin auch ein Poet, und war so frei Ihnen vor 3 Jahren meine Gedichte und vor anderthalb Jahren meine Tragödien nebst meinem lyrischen Intermezzo (Ratcliff und Almansor) zuzusenden. Außerdem bin ich auch krank, machte deshalb vor 3 Wochen eine Gesundheitsreise nach dem Harz, und auf dem Brocken ergriff mich das Verlangen zur Verehrung Goethes nach Weimar zu pilgern. Im wahren Sinne des Wortes bin ich nun hergepilgert, nämlich zu Fuß und in verwitterten Kleidern, und erwarte die Gewährung meiner Bitte und verharre
mit Begeisterung und Ergebenheit.
H. Heine
Weimar, d. 1. Oktober 1824

Besuch bei Goethe
Besuch bei Goethe
Haben Sie weiter keine Geschäfte in Weimar?

Goethe empfing Heine mit der ihm eigenen graziösen Herablassung. Die Unterhaltung, wenn auch nicht gerade über das Wetter bewegte sich auf sehr gewöhnlichem Boden, selbst über die Pappelallee zwischen Jena und Weimar wurde gesprochen. Da richtete Goethe plötzlich die Frage an Heine: „Womit beschäftigen Sie sich jetzt?" Rasch antwortete der junge Dichter: „Mit einem Faust." Goethe, dessen zweiter Teil des Faust noch nicht erschienen war, stutzte ein wenig und fragte in spitzem Ton: „Haben Sie weiter keine Geschäfte in Weimar, Herr Heine?" Heine erwiderte schnell: „Mit meinem Fuß über die Schwelle Ew. Excellenz sind alle meine Geschäfte in Weimar beendet", und empfahl sich.

So beschreibt Maximilian, der Bruder Heines, den Besuch. Heine selbst erwähnt zwar in Briefen den Besuch bei Goethe, doch über den Verlauf des Gesprächs schweigt er sich aus. 12 Jahre später äußert er sich auf die ihm eigene Weise zu seinem Besuch bei Goethe:

Ich war nahe daran, ihn griechisch anzureden; da ich aber merkte, dass er deutsch verstand, erzählte ich ihm auf deutsch, dass die Pflaumen auf dem Wege zwischen Jena und Weimar sehr gut schmeckten. Ich habe in so manchen Winternächten darüber nachgedacht, wieviel Erhabenes und Tiefsinniges ich dem Goethe sagen würde, wenn ich ihn mal sähe. Und als ich ihn endlich sah, sagte ich ihm‚ dass die sächsischen Pflaumen sehr gut schmeckten. Und Goethe lächelte.
(aus: „Die Romantische Schule")


Über Persönlichkeit und Werke Heines finden sich bei Florian Russi („Worauf wir stolz sein können", Bertuch Verlag Weimar, 2. Auflage 2005) folgende Aussagen:

1827 bis 1831 veröffentlichte der in Düsseldorf geborene deutsche Dichter Heinrich Heine (1797-1856) sein „Buch der Lieder«, eine Sammlung von Gedichten, die ihn bis heute berühmt und populär machten. Heine, der, wie er selbst schrieb, während der napoleonischen Besetzung seiner Heimatstadt (1806-1814) »die (freiheitliche) Luft Frankreichs geatmet hatte<>, war ein ungeheuer kritischer Kopf, streitbar, logisch denkend und für die Gerechtigkeit kämpfend. Er war ein Virtuose der Sprache, beherrschte sowohl inniges als auch hymnisches und zorniges Vokabular.
Seine Verse („Leise zieht durch mein Gemüt ... "‚ „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten . . . ") gehören mit zum Besten, was je in deutscher Sprache geschrieben worden ist.
Sein kämpferisches Temperament und seine treffsicheren Analysen der politischen Zustände im Deutschland der Restaurationszeit riefen offiziellen Widerstand hervor. In Preußen wurden seine sämtlichen Schriften verboten. 1831 fand er Aufnahme in Paris, wo er bis zu seinem Tod wohnte. Mit Recht sehen die Franzosen ihn auch als einen der Ihren an. Heine warb für die übernationale Freiheit des Geistes. Seine Werke wurden in viele Sprachen übersetzt.


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Bild: Goethe, Besuch empfangend. (Fleischmann, 1830)

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