O ja, beim Stöbern in alten Aufzeichnungen fand ich so allerhand Amüsantes.
Zunächst frönten die Herren der Jagdlust. Es gab auf der Höhe gegenüber dem Schlosse einen "Brunfthof". Eingezäunt und gut gefüttert hielt man hier das Wild. Aus einer Art „Unterstand" schossen die hohen Herrschaften die chancenlosen Tiere ab. Eine gar „lustvolle" Beschäftigung, die nun ja der Vergangenheit angehört.
Wahrhaft lustig wurde es, als Anna Amalia das Kulturmanagement auf dem Ettersburger Schlösschen übernahm. Die komponierende, musizierende, dichtende, singende und malende Herzogin aktivierte ihr gesamtes Umfeld: Goethe dichtete im Eilverfahren, Kammerherr von Seckendorff instrumentierte, die Zeichenlehrer Goethes - Kraus und Oeser hatten Dekorationen zu malen.
Auf der Bühne agierten die Herzogin samt ihren Söhnen Carl August und Konstantin, die kleine Hofdame von Göchhausen, die Prinzenerzieher Graf von Einsiedel und von Knebel, der Märchendichter Musaeus, der Hoftischler Mieding, Charlotte von Steins 11-jähriger Sohn Fritz, der Verleger und Schriftsteller Friedrich Justin Bertuch und der überaus beleibte Hofrat Bode. Die einzige " Profischauspielerin" war Corona Schröter - die Schöne, die Bewunderte, die mit Goethe in der Hauptrolle des Orest in "Iphigenie auf Tauris" alle in Verzückung ausbrechen ließ.
Die kleinen erheiternden Missgeschicke am Rande solcher Aufführungen sollen hier noch eingeflochten werden:
Hofrat Bode, der in kein Kostüm passte, wurde in ein fleischfarbenes (!) Gewand eingenäht. Prompt platzte es zur Erheiterung aller während der Aufführung.
Bertuch, in der Rolle des eifersüchtigen Ehemanns, sah sich plötzlich einem Kontrahenten gegenüber, der seinen Text vergessen hatte. Geistesgegenwärtig rief Goethe Bertuch zu: "Erstecht ihn auf der Stelle!". Des Rest des Stückes war damit hinfällig.
Die kleine Göchhausen, die in der Rolle der ungehorsamen Tochter von ihrem Vater gezüchtigt werden sollte, bezog richtige Prügel. Ihr Partner, Herr von Wedel, hatte sich so ins Zeug gelegt, dass nun auch sie aus der Rolle fallend, ihm auf offener Bühne erstmal eine Standpauke hielt.
Zweimal die Woche wurde geprobt, danach gespeist, gebechert und gesungen. Die Kutscher und Fackelträger hatten danach alle Hände voll zu tun, ihre Herrschaften durch den holprigen Waldweg - eine Straße gab es damals noch nicht - ins heimatliche Nest zu bringen.
1842 - nach der Hochzeit von Carl Alexander, dem Enkel von Großherzog Carl August, ging es ein wenig seriöser zu. Man frönte der Leselust: Deutsche und französische Aufsätze, fremdsprachige Gedichte, dramatische Szenen, Märchen, Novellen, Parabeln u. v. m. wurden vorgetragen. Wen verwundert's, gingen doch der Märchendichter Hans Christian Andersen, der Dramatiker Friedrich Hebbel, der greise Kanzler Friedrich von Müller sowie Johann Peter Eckermann dort oben ein und aus.
Heute ist es still geworden, vorbei sind Spiel, Gesang und Poesie.
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Fotos: Karla Augusta