Der Weimarer Kaufmann und Verlagsbuchhändler Friedrich Justin Bertuch erschuf gemeinsam mit dem ebenfalls in Weimar ansässigen Künstler Georg Melchior Kraus von 1786 bis 1827 das erste Mode- und Lifestyle-Magazin, man könnte auch sagen die erste Illustrierte, Deutschlands. Als Provokation wurde das Wort „Luxus“ empfunden, doch meint es in dem Zusammenhang nicht etwa verwerfliche Üppigkeit, sondern greift viel mehr den Sinn des Wohllebens auf. Provokant und hervorstechend war auch der leuchtend orange Einband der Hefte. Insbesondere auf Grund der vorherrschenden ständegemäßen Kleiderordnung, die öffentlich darlegen sollte, in welchem Stand man sich bewegte, und die sogar per Gesetz festgelegt wurde, war es unüblich, die Kleiderauswahl als Form der Individualität zu nutzen.
Nicht ohne Grund etablierte sich das Magazin zu einem der erfolgreichsten journalistischen Unternehmen jener Zeit. Die Entwicklung der Leserzahlen belegen diesen Fakt. Zu seinen besten Zeiten erreichte das Journal eine Auflagenhöhe von 2.250 Exemplaren, für die damalige Zeit ein Verkaufsschlager. Nicht nur in Deutschland wurde die Zeitschrift gelesen, auch im europäischen Ausland, etwa Frankreich, England, Niederlande und Russland, war sie sehr begehrt. Gründe für den Erfolg lagen unter anderem in der Vielfalt des Inhalts und dessen Breite.
Modische Trends des Klassischen Weimars wurden nicht nur in Bezug auf Kleidung bezogen, sondern die Hefte präsentierten sich auch mit Accessoires, Schmuck, Uhren, und, um dem Wort „Luxus“ im Titel gerecht zu werden, darüber hinaus mit Tischkultur, Einrichtungstrends, Gartenarchitektur, Kutschen, Schlitten sowie neuen Erfindungen der Literatur, des Theaters, der Musik und der bildenden Kunst. Auch Reiseberichte, aktuell brisante Geschehnisse der Politik bis hin zu Modespielen und Gesellschaftsklatsch waren darin zu finden.
Die handkolorierten Radierungen stammen nicht ausschließlich von Kraus, sondern wurden unter anderen von Johann Christian Ernst Müller, Friedrich Kaiser sowie verschiedenen Stechern, Zeichnern und Malern realisiert.
Ab Januar 1807 kam als weiterer Herausgeber des Journals Bertuchs Sohn Karl hinzu, welcher ab diesem Zeitpunkt in den Verlag eingetreten war und wichtige Verlagsprojekte betreute. Nach dem vorzeitgien Tod Carls 1815 übernahm Heinrich Döring die Schriftleitung des Modejournals. Der Kaufmann studierte später in Jena Philosophie und Theologie und wurde durch seine Klassiker-Biographien bekannt.
In den 1790er Jahren stellte das Journal sogar erstmalig das Jo-Jo als neues Trend-Accessoire für die verspielte Damenwelt vor. Darüber hinaus findet sich in diesen Ausgaben etwas über die Herkunft des Spielzeugs sowie eine Anleitung zum Nachbauen. Das Spielzeug erlangte in ganz Europa bald schon einen ungeheuren Zuspruch, nicht nur bei den Damen, sondern auch bei den Herren. Es wurde nicht nur allein, sondern auch in Gesellschaft genutzt. Einige wurden reich verziert, und schon bald hatte „jeder feine Herr“ in seiner Tasche sein Jo-Jo dabei. Unvorstellbar, dass das Jo-Jo bereits so alt sein soll. Dieser regelrechte Hype ging sogar noch weiter und erlangte Eingang in die Kunst. Auf verschiedenen Gemälden und in Karikaturen aus dieser Zeit ist es zu sehen. Noch unglaublicher oder zumindest ebenso unfassbar ist die Tatsache, dass auch Klappbetten bereits im 18. Jahrhundert in dieser Zeitschrift vorgestellt wurden.
Fasziniert war Goethe von dem 1818 vorgestellten Kaleidoskop, ebenso wie das Jo-Jo ist es uns heute als Spielzeug bekannt. Damals fand es sich allerdings in der Rubrik Kunst wieder. Goethe sah es für sich als Instrument für die Durchführung optischer Experimente, wohingegen es von dem Journal eher als Vorlage für das Kunsthandwerk beworben wurde.
Doch nicht nur positiv behaftete Moden der Zeit wurden in der Illustrierten aufgegriffen. Mit folgenden Worten wurde dies von Bertuch begründet: „Wir schreiben ja kein Damen-Journal oder ein Toiletten-werk, worinn man nicht als Nectar und Ambrosia sucht, und nur Wohlgerüche aus Elysium athmen will.“ Bezogen war diese Begründung auf einen Artikel über die Guillotine.
Insgesamt wurden in dem Publikationszeitraum des Journals in 41 Jahren 12.000 Textbeiträge und 1.500 Abbildungen veröffentlicht.
Literaturtipp:
Luxus & Lifestyle: Weimar und die weite Welt: Das Journal des Luxus und der Moden (1786-1827), Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-nd-Katharina-Kippenberg-Stiftung, 2022.
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Textquelle:
Luxus & Lifestyle: Weimar und die weite Welt: Das Journal des Luxus und der Moden (1786-1827), Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-nd-Katharina-Kippenberg-Stiftung, 2022.
Bildquelle:
Vorschaubild: Titelblatt und Kupfer, etwa 1786, Urheber: unbekannt; www.zum.de/Faecher/GBW/Landeskunde/rhein/hd/km/kdm/okt04b.htm via Wikimedia Commons Gemeinfrei.
Tafel 19: Büste einer jngen Dame in einer Regligeehaube von Petinet: entnommenn aus "Journal des Luxus und der Moden", Jahrgang 20, Juli, 1805 aberufen von: >https://zs.thulb.uni-jena.de/rsc/viewer/jportal_derivate_00117536/JLM_1805_H007_0034.tif< am 16.08.2023 CCO.
Tafel 30: Eine junge Pariser Dame in einer Parüre-Kleidung, von neuester Mode, mit einem Fächer à la Montmedy und einem Joujou de Mormandie; entnommen aus "Journal des Luxus und der Mode", Jahrgang 6, Oktober, 1791 abgerufen von >https://zs.thulb.uni-jena.de/rsc/viewer/jportal_derivate_00252574/JLM_1791_H010_0032.tif< am 16.08.2023 CCO.