Weimar-Lese

Gehe zu Navigation | Seiteninhalt
Weimar-Lese
Unser Leseangebot

Florian Russi: Der Drachenprinz

Geschichten aus der Mitte Deutschlands, mit Zeichnungen von Dieter Stockmann
und einer Geschichte über Tiefengruben.

Hitler in Weimar

Hitler in Weimar

Florian Russi

„Lieber Führer, sei so nett."
Hotel Elephant in Weimar
Hotel Elephant in Weimar

„Lieber Führer komm heraus, aus dem Elefantenhaus. Lieber Führer sei so nett, tritt zu uns ans Fensterbrett." So rief die jubelnde Menge auf dem Marktplatz in Weimar, wenn Adolf Hitler (1889 - 1945) wieder einmal die Stadt besuchte und im berühmten Hotel Elephant abgestiegen war.

Über 40-mal hielt sich der „Führer" in Weimar auf. Im Jahr 1926 hielt seine Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei in Weimar mit großem Aufwand ihren Parteitag ab.

Hitler mochte Weimar offensichtlich und es fragt sich, welche Gründe er dafür hatte. Der Humanismus der Klassiker Goethe, Schiller, Wieland, Herder und Falk war ihm fremd. Die Bauhauskunst empfand er als entartet, dem von ihm verehrten Komponisten Richard Wagner konnte er in Bayreuth näher sein als in Weimar, und der Philosoph Nietzsche, den die Nationalsozialistische Ideologie vom „Herrenmenschen" für sich in Anspruch nahm, hatte zwar sein letztes Lebensjahr in der Klassikerstadt verbracht, jedoch als Pflegefall und in geistiger Umnachtung.

Es waren drei Gründe, die Adolf Hitler nach Weimar zogen. Zum ersten war es der Mythos der Stadt als Zentrum der Kultur und des Geisteslebens, dem auch die Nationalsozialisten sich nicht entziehen konnten und wollten.

Adolf Hitler in Weimar
Adolf Hitler in Weimar

Zum zweiten war Weimar eine Hochburg ihrer Partei. Bei den Wahlen von 1930 hatte sie bereits 28,2 % der Stimmen erhalten. Aus Weimar kam der NS- Reichsjugendführer Baldur von Schirach,  und die in der Stadt lebende Schwester Friedrich Nietzsches war eine überzeugte Nationalsozialistin und tat alles, um ihren Bruder und dessen Philosophie für die Politik Hitlers nutzbar zu machen.

Zum dritten war Weimar die Hauptstadt Thüringens mit einer bis in die Germanenzeit zurückreichenden Geschichte. Bei den Landtagswahlen von 1932 hatte die NSDAP in Thüringen rund 37 % der Stimmen bekommen, war damit zur stärksten Partei des Landes geworden.

Dass Hitler Weimar nicht als Metropole eines klassischen Humanismus empfand, wird auch dadurch ersichtlich, dass die Nazis in unmittelbarer Nähe der Stadt auf dem Ettersberg das Konzentrationslager Buchenwald errichteten, in dem tausende von Menschen gequält und ermordet wurden.

Bis heute bleibt dieses enge Nebeneinander von Geist und Barbarei eine tiefe Wunde in der Weimarer Geschichte. Glücklicherweise ging die Naziherrschaft nach 12 Jahren zu Ende, während die Ausstrahlung der klassischen Kultur seit 250 Jahren andauert. Sie vor allem prägt die Stadt bis in unsere Zeit.

Heute logieren im Hotel Elephant interessierte Touristen, die nicht den Spuren Hitlers, sondern denen der vielen Geistesschaffenden Weimars folgen. Dennoch darf auch der andere Teil der Geschichte der Stadt nicht verdrängt werden.

*****


Bildquellen:
- Vorschaubild, Adolf Hitler, Deutsches Bundesarchiv (German Federal Archive), Bild 146-1990-048-29A
- Hotel Elephant in Weimar, Florian Russi
- Adolf Hitler in Weimar, Deutsches Bundesarchiv (German Federal Archive), Bild 102-10542

Weitere Beiträge dieser Rubrik

Das 94er Denkmal
von Carolin Eberhardt
MEHR
Die Todesmarsch-Stele in Weimar
von Anette Huber-Kemmesies
MEHR
Die Leiden des alten Goethe
von Christiane C. Schachner
MEHR
Anzeige:
Unsere Website benutzt Cookies. Durch die weitere Nutzung unserer Inhalte stimmen Sie der Verwendung zu. Akzeptieren Weitere Informationen