2019 werden nicht nur die runden Geburtstage Alexander von Humboldts und Theodor Fontanes gefeiert, es ist auch das Jahr des 100. Bauhaus-Jubiläums. Zur Wiege der Bauhaus-Schule, die erstmals Künstler und Handwerker zusammenführte, wurde ausgerechnet die Klassikerstadt Weimar.
Am 12. April 1919 entstand aus der Großherzoglich-Sächsischen Hochschule für Bildende Kunst und der 1915 aufgelösten Kunstgewerbeschule das Staatliche Bauhaus in Weimar. Der Name geht auf Walter Gropius zurück, der die Nachfolge Henry van de Veldes, des bisherigen Direktors der Hochschule für Bildende Kunst, antrat. Als Professoren konnte er namhafte Künstler wie Lyonel Feininger, Johannes Itten und Gerhard Marcks gewinnen. 1921 folgten Paul Klee und Oskar Schlemmer, 1922 kam Wassily Kandinsky. Unter Anleitung weiterer „Formmeister“ und sogenannter „Werkmeister“ sollten künstlerisch begabte Männer und Frauen experimentieren und Zukunftsweisendes entwerfen.
Im Gründungsmanifest verkündete Walter Gropius: „Das Endziel aller bildnerischen Tätigkeit ist der Bau! […] Architekten, Bildhauer, Maler, wir alle müssen zum Handwerk zurück! […] Der Künstler ist eine Steigerung des Handwerkers.“ In gemeinsamer Arbeit entstand 1923 das Musterhaus Am Horn, das erste Projekt, das von der Neuen Sachlichkeit geprägt war. Lehnte die ÖffentlichkeitLeuchten, Stühle und andere Einrichtungsgegenstände – das neue Industriedesign – damals als „kalt“ oder „maschinell“ ab, gelten die ab 1919 in Weimar, ab 1925 in Dessau und 1932/33 in Berlin wirkenden „Bauhäusler“ heute als Avantgardisten der Klassischen Moderne.
Das 100-jährige Gründungsjubiläum war Anlass, den Campus der Bauhaus-Universität aufzufrischen, das Haus Am Horn authentisch auszustatten und einen großzügigen Museumsneubau zu errichten. „Ein großes Haus für kleine Dinge mit folgenreicher Geschichte“ (mdr) sollte es werden. Von 2013 bis 2019 entstand nach Plänen der Architektin Heike Hanada ein lichtgrau schimmernder Kubus mit dem umlaufenden Band bauhaus museum. Der (fast) fensterlose Beton steht als Pendant zu dem benachbarten, einst von den Nationalsozialisten errichteten Gauforum.
Am 6. April 2019 war es soweit: Im Neuen Museum (dem ehemaligen Großherzoglichen Museum), Jorge-Semprún-Platz 5, wurde die Ausstellung „Van de Velde, Nietzsche und die Moderne um 1900“ eröffnet. Sie zeigt herausragende Werke des Realismus, des Impressionismus und des Jugendstils – gewissermaßen die Vorgeschichte des Bauhauses. Im neuen Bauhaus-Museum, Stéphane-Hessel-Platz 1, öffnete die Dauerausstellung „Das Bauhaus kommt aus Weimar“. Die Gründerjahre, „dieses Brodelnde, Gärende“, entsprechen der Intention der 1.000 Objekte umfassenden Schau.
Im Foyer beeindruckt eine 11 Meter hohe, netzartige Installation mit Spiegeln. Sie symbolisiert das Ineinandergreifen aller werk-künstlerischen Disziplinen.
Lieblingsstück des Museums ist die Kinderwiege des Bauhaus-Lehrlings Peter Keler: mit gelben Dreiecken als Front, roten Quadraten als Seitenflächen und einem umlaufenden blauen Kreis. Im oberen Stockwerk befindet sich jene legendäre Sammlung, die Walter Gropius 1925 dem Weimarer Schlossmuseum überließ. Es folgen Kinderspielzeug von Lyonel Feiniger, der Lattenstuhl von Marcel Breuer, Metallarbeiten von Marianne Brandt oder Teppiche von Benita Koch-Otte, ja sogar Luxusmöbel von Mies van der Rohe (ab 1930 Direktor des Bauhauses Dessau)... Das neue Bauhaus-Museum – außen ein streitbares Monument der Moderne – begeistert innen mit der einflussreichsten Design- und Kunstschule des 20. Jahrhunderts.
Öffnungszeiten:
Mi - Mo (Di geschlossen) 9:30 Uhr - 18:00 Uhr
Tickets:
Erwachsene 11,00 €
Ermäßigt 7,00 €
Schülerinnen und Schüler (16 - 20 Jahre) 3,50 €
Kinder und Jugendliche unter 16 Jahre frei
Nähere Informationen finden Sie auf klassik-stiftung.de und in der Weimar+ App
Quellen:
Nicola Kuhn: Bauhaus-Jubiläum in Weimar. Wo die Moderne zum Mythos wird. In: Tagesspiegel vom 19.11.2018
Was war eigentlich das Bauhaus? In: https://www.bauhaus100.de/das-bauhaus/auf-einen-blick/
Abbildungsnachweis:
( 1 ) Walter Gropius, Schema zum Aufbau der Lehre am Bauhaus (1923) © Bauhaus Kooperation 2019
( 2 ) Das neue Bauhaus-Museum. © Andreas Werner
( 3 ) Peter Kelers Kinderwiege (1922) © Klassik Stiftung Weimar