Eigentlich wirkt das Stadtschloss nicht einladend. Abwehrend wie eine Trutzburg liegt der schwere Baukörper nordöstlich der Altstadt unmittelbar am Ufer der Ilm. Doch die älteren Gebäude an der Südwestecke verraten etwas von der alten Geschichte der ehemaligen Burg, ja sie wirken mit ihren gedrungenen Proportionen, ihrem eigenartigen Turm („Hausmannsturm“), dessen Sockel noch von der Burganlage aus dem 12./13. Jahrhundert stammt, und den gelben Fensterumrahmungen geheimnisvoll und fremdartig. Auch der Torbogen, der sich zur Altstadt hin öffnet, ist ein Relikt der alten Burg. Tatsächlich gehören all diese Bauteile mit ihren verwinkelten und unterschiedlichen Dachformen zum ältesten Teil der mittelalterlichen Burg aus dem 15./16. Jahrhundert und zeigen Formen der Renaissance.
1547 wurde das Stadtschloss Hauptresidenz der Ernestiner aus der Linie der Wettiner und erhielt den Namen „Hornstein“. Herzog Wilhelm IV. (1598–1662) war nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) einer der großen Förderer von Weimar und ließ die ruinöse Burg von dem Architekten Moritz Richter (1620–1667) als neues prachtvolles Burgschloss wieder aufbauen. Nach dem Tode des herzoglichen Förderers nannte man das Stadtschloss "Wilhemsburg“.
Am 6. Mai 1774, zu Lebzeiten Goethes und Herzog Carl Augusts, entfachte ein Blitzeinschlag im Dach des Westflügels, in dem ein Schwellbrand glimmte, eine katastrophale Feuersbrunst, die die Burg teilweise bis zu den Grundmauern niederbrannte. 15 Jahre vergingen, bis Carl August 1789 eine Restaurierung der Schlossruine ausschloss und eine „Schloss-Baukommission“, zu der auch Goethe gehörte, beauftragte, ein neues Schloss unter Verwendung der alten Bauteile zu errichten.
Herzstück der Gesamtanlage wurde der Ostflügel mit dem Gentzschen Treppenhaus, von Heinrich Gentz (1766–1811), das zum Festsaal hinaufführt. Hier befindet sich der ehemalige Hauptzugang zur Residenz, der heute nur für Veranstaltungen geöffnet ist. Ursprünglich diente der Festsaal den Herzögen als Thron- und Konzertsaal.
Der Festsaal ist das gelungene architektonische Meisterwerk der Residenz, an dem die drei Architekten Johann August Arens (1757–1806), Nikolaus Friedrich Thouret (1767–1845) und Heinrich Gentz sowie die Bildhauer Conrad Wolff und Friedrich Tieck mitwirkten.
die Innenraumgestaltung verpflichtete Maria Pawlowna (1786–1859), Schwiegertochter von Carl August, die damals führenden Persönlichkeiten der Kunst- und Architekturszene des vollendeten Klassizismus, u. a. Karl Friedrich Schinkel (1781–1841), der die Arbeiten in der Goethegalerie ausführte. Grundlage für die Ausgestaltung des Festsaales von 1801 bis 1803 war die Konzeption Goethes, hier Zitate der antiken Kulturen von Ägypten und Persien, Griechenland und Rom festzuschreiben. Vorbild für Goethes Vorstellung war das von Andrea Palladio (1508–1580) beschriebene „ägyptische Zimmer“ in seinem Werk „Quattro libri dell’architettura“. Die Schlacht bei Jena und Auerstedt (1806) und die Wirren des napoleonischen Krieges, der auch Thüringen erfasste, zwangen Herzog Carl August zur Unterbrechung der Bauarbeiten am neuen Schloss.
Tipp: Rundgang durch das Residenzschloss von Louis Held Die Wohnräume der Großherzoglichen Familie
MEHRTextquelle:
Gallas, Klaus: "Weimar. Die 99 besonderen Seiten der Stadt" mdv Mitteldeutscher Verlag GmbH Halle, 2015 ISBN: 978-3-95462-533-8
Bildquellen:
Fotos von Klaus Gallas