Über das seltene Talent, einerseits Ereignisse der Vergangenheit und Gegenwart als Historiker mit wissenschaftlicher Distanz zu betrachten, andererseits das Machbare zu erkennen und seine Umsetzung zu fördern, verfügt Prof. Dr. Dr. Heiner Timmermann.
Timmermann selbst lehrt seit 1990 an der Universität Jena „Europäische Geschichte der Neuen und Neusten Zeit". Bis 2005 war er Direktor des „Sozialwissenschenschaftlichen Forschungsinstituts" der Europäischen Akademie Otzenhausen/Saar. In dieser Zeit hat er zahlreiche Fachtagungen vor allem zum Ost-West-Verhältnis durchgeführt und damit nicht unwesentlich zum Dialog zwischen den verfeindeten Systemen beigetragen. Viele hochrangige Wissenschaftler und Diplomaten, u. a. auch der Sohn des früheren Sowjetherrschers Chruschtschow, waren Gäste in seinem Institut und seiner Wohnung.
Als Historiker stieß er irgendwann auf die Familiengeschichte des damaligen SED-Chefs und DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker, dessen Vorfahr 1813 aus Brandenburg nach Nonnweiler, der Heimatgemeinde Timmermanns, eingewandert war. Darüber schrieb er an den Nachfahren und schlug vor, ihn mit einer saarländischen Schulklasse zu besuchen. Honecker, dem seine saarländischen Wurzeln viel bedeuteten, ging darauf ein und empfing Timmermann im Jahr 1984 zusammen mit 25 Schülern des Peter-Wust-Gymnasiums aus Merzig (Saarland). Es war das erste und einzige Mal, dass eine westdeutsche Schulklasse den DDR-Chef besuchen konnte.
Bei dieser Gelegenheit fragte Honecker seinen westdeutschen Gast, ob er auch Kontakte mit Wissenschaftlern aus der DDR unterhalte. Als der antwortete, dass sei nicht möglich, erwiderte der Staatsratsvorsitzende: „Doch." Diese Aussage griff Timmermann sofort auf und leitete einen regen Austausch mit Wissenschaftlern aus der DDR ein.
Als ich ihn 1986 auf einer seiner vielen DDR-Schülerreisen begleitete, wünschte er im Jugendtouristhotel in Erfurt vor dem Schlafengehen mit lauten Worten den Genossen Mielke, Honecker und Co. eine gute Nacht. Wie richtig er damit lag, bewies sich nach der Wende. Seine Stasi-Akte umfasste über 100 Seiten und war teilweise auch ins Russische übersetzt. Seine Vorträge in der DDR wurden mit dem Vermerk „Einstellung: feindlich" notiert. Die Aufzeichnungen enthielten etliche groteske Fehler. So gut, wie manche behaupteten, scheint die Organisation „Horch und Guck" nicht in jedem Fall gewesen zu sein. Immerhin befand sich in der Akte der Vermerk, dass der Beobachtete weder materiell noch charakterlich kompromittierbar sei.
Timmermanns Töchter leben heute in Guam (Pazifik). Wenn er sie besucht, macht er Zwischenstation in Südkorea. Dort berät er mehrere Universitätsinstitute in Fragen der angestrebten Vereinigung mit Nordkorea.
Weimar ist seit 2005 sein Wirkungsfeld. Als Vorstandsvorsitzender gibt er dem Verein „Akademie Rosenhof" ein Gesicht, das der Klassikerstadt durchaus würdig ist.