Weimar-Lese

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Johann Joachim Winckelmann im Kreise der Gelehrten

Klaus-Werner Haupt

1. Theobald Reinhold Anton Freiherr von Oer – ein talentierter Maler und herausragender Illustrator des 19. Jahrhunderts

2. Winckelmann im Kreise der Gelehrten in der Nöthnitzer Bibliothek – eine szenische Darstellung zu Theobald von Oers Historiengemälde

3. Johann Joachim Winckelmann als Wegbereiter der Weimarer Klassik

ISBN: 978-3-86397-096-3

Erscheint im Frühjahr 2018

Ronald Paris

Ronald Paris

Klaus-Werner Haupt

Ein Künstler mit ungeschmälerter Weltneugier

Ronald Paris wurde am 12. August 1933 im thüringischen Sondershausen geboren. Seine Mutter arbeitete als Weißwäscherin, der Vater Rupprecht (1902–1955) als Schauspieler und Sänger. Der Familienname Paris geht auf hugenottische Vorfahren [de Paris] zurück.

Im Jahre 1942 befand sich der Vater im Krieg, die Mutter zog mit den Kindern nach Weimar. Ronald besuchte die dortige Volksschule und erlebte Aufführungen am Deutschen Nationaltheater. Aus Angst vor Fliegerbomben floh die Mutter mit dem elfjährigen Ronald und seiner jüngeren Schwester ins 80 Kilometer entfernte Sondershausen. Als die Garnisonsstadt am 8. April ebenfalls zum Ziel amerikanischer Bomber wurde, suchten sie Schutz im Keller der Bürgerschule. Dem Mut eines jungen Mädchens, dass den Befreiern mit einer weißen „Fahne“ entgegentrat, verdanken sie ihr Leben. Zur Erinnerung und Mahnung stiftete der Künstler Ronald Paris seiner Taufkirche St. Trinitatis später ein dreiflügliges Altarbild (2004).

Am 2. Juli 1945 zogen die Amerikaner ab, Thüringen wurde von der Roten Armee übernommen. Zurück in Weimar setzte Ronald Paris seinen Schulbesuch fort. Wegen seines zeichnerischen Talents entschied er sich 1948 für eine Lehre als Glasmaler bei der Firma Ernst Kraus. Nach Feierabend übte er sich im Zeichnen in der Natur oder im Kopieren in der Galerie des Weimarer Schlossmuseums. Abends besuchte der junge Mann Kurse im Akt- und Freihandzeichnen an der Bauhochschule (heutige Bauhaus-Universität), denn sein eigentliches Berufsziel stand längst fest: Er wollte Maler werden. Die notwendige Hochschulreife erwarb Ronald Paris an der Arbeiter-und-Bauern-Fakultät (ABF) der Universität Jena. Weil seine Bewerbung an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee abgelehnt worden war, begann er 1952 ein Volontariat als Restaurator auf dem Gothaer Schloss Friedenstein. Dort entstand auch sein erstes Ölgemälde.

Ein Jahr später kam die Zusage, Ronald Paris ging nach Berlin und begann Wandmalerei zu studieren. An der Hochschule für bildende und angewandte Kunst in Weißensee unterrichteten so namhafte Professoren wie Kurt Robbel, Arno Mohr, Bert Heller und Gabriele Mucchi. Theateraufführungen im Berliner Ensemble boten Gelegenheit zum Zeichnen und zur Auseinandersetzung mit den Dramen Bertolt Brechts (1898– 1956). Nach Abschluss des Studiums blieb Ronald Paris in Berlin und arbeitete als freischaffender Künstler. Porträts, Landschafts- und Wandbilder entstanden. 1958/59 stellte er auf der IV. Deutschen Kunstausstellung im Albertinum Dresden aus, 1959 gemeinsam mit Hans Vent und Wieland Förster in der Kunsthalle Weimar (heute Kunsthalle Harry Graf Kessler). Darauf folgten regelmäßige Ausstellungen im In- und Ausland.

1961 trat Ronald Paris dem Verband Bildender Künstler Deutschlands (VBKD) bei, aus dem 1970 der Verband Bildender Künstler der DDR (VBK) hervorging. Von 1977 bis 1990 wirkte er als Mitglied des Zentralvorstandes und des Präsidiums, 1985 wählte man Ronald Paris zum Vorsitzenden der Berliner Sektion des Verbandes.

Von 1959 bis 1961 unterrichtete er als Dozent an der Fachschule für Bekleidungsindustrie und Mode. Dort lernte er auch seine erste Frau kennen. Die Modegestalterin Helga Paris machte später als Fotografin Karriere. Aus der Ehe (1961–1975) gingen die Kinder Robert und Jenny Helena hervor.

Ein Stipendium des Magistrats erlaubte Künstlern, mehrere Monate das Leben auf dem Lande zu studieren. Ronald Paris´ Triptychon „Dorffestspiele in Wartenberg“ (1961) entstand. Barfüßige Bäuerinnen und unzeitgemäße Pferdewagen entsprachen allerdings nicht dem Ideal der Kulturfunktionäre.

Ronald Paris, Lear (1984).
Ronald Paris, Lear (1984).

Von 1963 bis 1966 wurde Ronald Paris Meisterschüler an der Akademie der Künste zu Berlin. Von seinem Professor Otto Nagel (1894–1967) lernte er das Wesentliche im Blick zu behalten. In jener Zeit entstanden zahlreiche Freundschaften, so zu dem Regimekritiker Robert Havemann (1910–1982) und namhaften Künstlern. 1965 gehörte Ronald Paris zu den Mitbegründern der Triennale Intergrafik, 1979 übernahm er deren Vorsitz. Der Dialog von Künstlern aus Ost und West sollte die Entspannungspolitik befördern.

1975 zogen Ronald Paris und seine Lebensgefährtin, die Landschaftsgestalterin Isolde Hanke, nach Rostock-Lichtenhagen. Dort wurde ihre gemeinsame Tochter Anna Theresa geboren. In dem als modellhaft geltenden Stadtteil Lichtenhagen entstand das Wandbild „Von der Verantwortung des Menschen“ (1976). Dessen Leitmotiv ist ein Antikriegsgedicht des französischen Lyrikers Paul Éluard (1895–1952):

Wir wollen, und ich sage, ich will, ich sage, du willst,
und wir wollen, dass sie fortdauern im Licht.

Von 1980 bis 1982 arbeitete Ronald Paris im Foyer des Theaters Schwedt/Oder, wo er das Wandbild „Triumph des Todes, Triumph des Lebens" schuf. Nach eigener Aussage ist es sein wichtigstes Werk, zeuge es doch von Reife und Souveränität. Für seine von „bildnerischer Fabulierlust“ und „verführerisch-farbsinnlicher Malkultur“ (Peter H. Feist) geprägten Arbeiten erhielt Ronald Paris zahlreiche Auszeichnungen. Die Titel der Bilder sind Ausdruck seines persönliches Anliegens: „Wahre Kunst bemüht sich, den Menschen bei seiner Suche nach dem Sinn seines Daseins, nach seiner Herkunft und nach dem Wohin seines Wegs zu unterstützen, ihm zu helfen, die Welt zu verstehen und zu deuten, zu erkennen und gegebenenfalls oder auch notwendigerweise zu verändern" ( 1 ).

1984 widmete sich Ronald Paris dem englischen Sprachgenie William Shakespeare (1564–1616). Zu ausgewählten Sonetten und Dramen entstanden Aquarelle, Zeichnungen und Gouachen – als Illustration und Kommentar, als Umwandlung von Sprach- in Bildrhythmus. Shakespares Tragödie König Lear (um 1605) spielt im antiken Britannien. Vor Gram gebeugt erkennt der alternde König die wahre Natur des Menschen … Die Bilder sind bis 28. Januar 2018 im DKW Cottbus, Brandenburgisches Landesmuseum für moderne Kunst zu sehen: http://museum-dkw.de/ausstellungen.htm

1985 heirateten Isolde und Ronald Paris, das Paar zog von Rostock-Lichtenhagen ins idyllische Rangsdorf (Brandenburg) um. Die geradlinige und offene Haltung des Künstlers blieb bis zur politischen Wende ungebrochen. Er forderte die DDR-Führung zum Gewaltverzicht auf und initiierte die Demonstration der Künstler und Kulturschaffenden auf dem Berliner Alexanderplatz. Am 12. Dezember 1990 wurde der VBK aufgelöst. Ronald Paris blieb sich selbst und seinem künstlerischen Anliegen treu. Von 1993 bis 1999 hatte er die Professur für Malerei an der Hochschule für Kunst und Design Burg Giebichenstein in Halle/Saale inne.

Zum 80. Geburtstag wurde Ronald Paris für sein „Lebenswerk“ mit dem Brandenburgischen Kunstpreis geehrt. Der damalige Ministerpräsident Matthias Platzeck (2002–2013) wünschte dem Künstler Gesundheit, Schaffensfreude und „ungeschmälerte Weltneugier“. All das hat er sich bis heute bewahren können. Morgens Punkt acht Uhr steht er an der Staffelei und beginnt zu arbeiten. Seine physische wie psychische Neigung gehört der Farbe Blau. Zuweilen steckt er sich eine Zigarre an oder legt eine Schallplatte auf, „eine vergnügliche Zeremonie“ ...

Zum Œuvre von Ronald Paris gehören die Mythen der Antike – schon seines Namens wegen, aber am Trojanischen Krieg will er nicht schuld gewesen sein. Zum 300. Geburtstag des Altertumsforschers Johann Joachim Winckelmann (1717–1768) traf man ihn und seine Frau, beide Mitglieder der Winckelmann-Gesellschaft, im altmärkischen Stendal. Mit der markanten Kopfbedeckung und seinem weißen Rauschebart war der Künstler unter der internationalen Gästeschar leicht zu finden. Ronald Paris war ein begehrter Gesprächspartner – unterhaltsam, aber auch stets zum Nachdenken anregend.

Am 17. September 2021 verstarb er in Rangsdorf.

*****

Quellen:
Ronald-Paris-Archiv. Archiv der Akademie der Künste Berlin, Pariser Platz 4

Vesper, Karlen: Ronald Paris. Wahr und wahrhaftig. Verlag Das Neue Berlin, Berlin 2012

( 1 ) Zitiert nach Neumann, Arno: Zum 80. Geburtstag des Rangsdorfer Malers und Grafikers Ronald Paris. Metaphern, die das Auge wach machen. In: Märkische Allgemeine vom 09.08.2013

Fotonachweis:

( 1 ) Der Maler und Grafiker Ronald Paris während einer Ausstellungseröffnung in Berlin-Buch am 16. Februar 2012 © SpreeTom

( 2 ) Ronald Paris, König Lear und seine Töchter (1984). Gouache 100 x 60 cm. Foto: Wolfgang Lücke © Ronald Paris

( 3 ) Der Künstler Ronald Paris. Foto: Klaus-Werner Haupt 2017

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