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Klaus-Werner Haupt

Francesco Algarotti

Gelehrter - Connaisseur - Poet

Mit seinem Buch zeichnet Klaus-Werner Haupt nicht nur das Bild eines überaus vielseitigen Mannes, sondern ein Gemälde des Jahrhunderts der Aufklärung. Eine unterhaltsame Lektüre!

Bernd Lüken

Bernd Lüken

Florian Russi

Wenn man die einschlägige Literatur verfolgt, ist man immer wieder erstaunt darüber, wie viele interessante und bedeutende Menschen in Weimar gelebt, sich dort aufgehalten und gegenseitig angeregt haben. Sicherlich waren Bach, Anna Amalia, Wieland, Goethe, Herder, Schiller, van der Rohe u. a. Ausnahmeerscheinungen. Doch auch heute leben in Weimar Menschen, die Besonderes bewirkt haben oder Zeugen bedeutender Ereignisse und Weggefährten herausragender Persönlichkeiten gewesen sind.

Seit 1999 lebt in Weimar der Niedersachse niederländischer Abstammung Bernd Lüken. Er kam damals von Santiago de Chile, wo er Sozialreferent (Attaché) an der Deutschen Botschaft gewesen war. Fünf Jahre lang leitete er in Weimar die „Akademie Rosenhof", die dort ihren Geschäftssitz hat.

In Münster und Freiburg (Breisgau) hatte er Politik- und Sozialwissenschaften studiert, und wurde Assistent am Freiburger Arnold-Bergsträsser-Institut.

Bernd Lueken
Bernd Lueken
Auf Empfehlung seines Professors ging Bernd Lüken 1968 nach Lateinamerika, wo er im Auftrag der Konrad-Adenauer-Stiftung in mehreren Ländern vielfältige Projekte leitete. Er beriet, organisierte, lehrte, verwaltete, verhandelte Geiselbefreiungen und war zur Stelle, wenn er gebraucht wurde. Dabei entwickelten sich Freundschaftsverhältnisse mit vielen bedeutenden Politikern, Universitätsprofessoren und geistlichen Würdenträgern. In Chile lernte er auch seine Frau kennen, mit der er drei heute erwachsene Töchter hat.

Über seine Frau, eine geborene Peña Urrutia, kam er in verwandtschaftliche Verbindung zu dem Literaturnobelpreisträger Pablo Neruda (1904-1973), dessen zweite Frau Matilde ebenfalls der Familie Urrutia angehörte. Neruda war engagierter Kommunist und Lenin-Friedenspreisträger. In der Familie seiner Frau, zu der viele Offiziere der chilenischen Armee gehörten, wurde er strikt gemieden. Bernd Lüken jedoch hielt Kontakt zu ihm und fragte ihn auch, wieso er angesichts der Stalinschen Gräueltaten Kommunist bleiben könne. Neruda beschönigte die Taten nicht, meinte aber, sie wegen des marxistisch-leninistischen Menschheitsideals in Kauf nehmen zu müssen.

1977 kam Lüken nach Deutschland zurück, wurde Bildungsreferent bei der Karl-Arnold-Stiftung in Bonn und nebenamtlicher Dozent an der Katholischen Fachhochschule für Sozialwesen in Saarbrücken. Er wurde zu einem gefragten Vortragsredner. Der Leiter der Stiftung bezeichnete ihn als „Star unserer Hörsäle" und unter seinen Kollegen hatte er bald den Ruf eines wandelnden Lexikons. Nebenbei publizierte er Fachbeiträge zu Entwicklungspolitik und gab das Buch „Religion und Entwicklung in der Dritten Welt" heraus.

Damals habe ich ihn kennengelernt. Einmal, bei einem gemeinsamen Mittagessen, wollte ich von ihm etwas über die Rolle der Freimaurer in Lateinamerika wissen. Ohne sich vorher nochmals eingelesen zu haben, lud er mich zu einem Spaziergang ein, hielt mir einen einstündigen Vortrag über die südamerikanische Freimaurerei und empfahl mir die in Frage kommende Literatur.

In diese Zeit fiel auch Lükens Bekanntschaft mit dem großen spanischen Maler Salvador Dalí (1904-1989). Während eines Urlaubs in Cadaques an der katalanischen Mittelmeerküste bewunderte er im Nachbarort Portligat ein Haus, das direkt am Meer stand. Man klärte ihn auf, dass darin das Genie Dalí wohne. Lüken ging zum Tor und klingelte. Eine Angestellte fragte ihn, was er wünsche und ließ sich seine Visitenkarte geben. Kurz darauf kam Dalí selbst an die Haustür und fragte: „Sind Sie Journalist? - Was wollen Sie?" Lüken antwortete: „Ich bin Politologe und würde Sie gerne als Zeitzeugen befragen." Da bat Dalí ihn ins Haus und sie unterhielten sich angeregt über die Zeitgeschichte Spaniens. Auf die Frage Lükens, warum er, Dalí, sich im spanischen Bürgerkrieg so eindeutig auf die Seite der Rechten um Generalísimo Franco gestellt habe, bekam er zur Antwort: „Im damaligen Spanien gab es zwei extreme Fronten und dazwischen keine Mitte. Da ich kein Kommunist sein wollte, blieb mir nur die Entscheidung für Franco."

Aus der ersten Begegnung entwickelte sich eine „keineswegs immer stressfreie" Freundschaft. In den folgenden Jahren war Lüken regelmäßig Gast bei Dalí, auch nachdem dieser später seinen Hauptwohnsitz nach Pubol verlegt hatte. Ab und zu saß auch Dalís Frau Gala mit am Tisch. Dann wurde Französisch gesprochen, sonst Spanisch. Lüken erlebte Dalí als einen stets interessierten und neugierigen Gesprächspartner, der sich allerdings auch sehr erregen konnte, vor allem, wenn es um Fragen des spanischen Bürgerkriegs ging.

Ein Jahr vor seinem Tod schenkte Dalí ihm zwei Schallplatten mit patriotischen Liedern beider Bürgerkriegsparteien. Er spielte sie Lüken vor und hatte Tränen in den Augen. Dann sagte er zu ihm: „Hilf mir, mein Junge, in Spanien oder in Europa oder in der Welt zu verhindern, dass das, was hier bei uns passiert ist, sich wiederholt."

Nach der Wende half Lüken beim Aufbau von Organisationen mit, die in den neuen Bundesländern gesellschaftspolitische Aufgaben übernehmen wollten und führte Bildungsveranstaltungen für ehemalige DDR-Bürger durch. Wenig später wurde er als Sozialreferent an die Deutschen Botschaften in Brasilien und Chile berufen. Dort oblagen ihm auch Repräsentationsaufgaben. So führte er die Frau des Bundespräsidenten Herzog durch Santiago de Chile und begleitete die Modeschönheit Claudia Schiffer bis nach Feuerland.

Seit 2005 lebt Bernd Lüken in Weimar im Ruhestand, arbeitet noch an sozialen Projekten mit und liebt es, mit seiner Frau kulturell bedeutsame Stätten in Mitteldeutschland zu besuchen.

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Fotos: Florian Russi

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