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Kennst du Franz Kafka?

Karlheinz Fingerhut ermöglicht in diesem Buch einen leichteren Zugang zum Menschen
Kafka und zu seinen teils verwirrenden Texten.

Franz Kafka

Franz Kafka

Florian Russi

Im Jahr 1912 unternahm Kafka, der seine Heimatstadt Prag nur selten verlassen hat, zusammen mit seinem Freund Max Brod eine Deutschlandreise. Vom 29. Juni bis 7. Juli weilten sie in Weimar. Einlogiert waren sie im Hotel „Chemnitius" in der Geleitstraße. Tief beeindruckt zeigte sich der damals 29-jährige vom Goethehaus am Frauenplan und auch von dessen Beschließers 17-jähriger Tochter Margaretha. Vielleicht war es deren Name, der ihm Hoffnung machte, in ihr sein „Gretchen" zu finden. Doch blieb die kurze Beziehung ohne Erfüllung.

Seinen Weimar-Aufenthalt nutzte Kafka zu Besuchen im Goethe-Schiller-Archiv, im, Schillerhaus und Liszthaus, in Goethes Gartenhaus, der Fürstengruft und dem Park an der Ilm und Belvedere. Auch traf er sich mit damals in Weimar lebenden Schriftstellern

Kafkas Werke fanden zu dessen Lebzeiten nur mäßige Beachtung. Hätte sich nicht Max Brod (geboren 1884 in Prag und 1968 in Tel Aviv gestorben) intensiv um dessen Nachlass gekümmert, wäre Kafka wohl in Vergessenheit geraten.

In dem Buch „Kennst du Franz Kafka?" von Karlheinz Fingerhut (Bertuch Verlag Weimar 2007) finden wir die Passage „Was man über Kafka wissen sollte":

Kafka lebte in Prag, der Stadt, die um die Jahrhundertwende als Hauptstadt Böhmens zum österreichischen Kaiserreich gehörte. Neben der tschechischen Bevölkerungsmehrheit gab es eine einflussreiche deutsch-österreichische Minderheit. Die Mehrzahl der Zeitungen, Theater, Gymnasien, auch die Universität waren deutsch. Kafkas Familie gehörte zu den »Westjuden«, die sich als Geschäftsleute, Beamte und Intellektuelle erfolgreich in die Lebensumgebung der österreichisch-ungarischen Monarchie eingepasst hatten und im Kaiser den Garanten ihrer relativen Freizügigkeit in k.u.k.-Österreich sahen.

Kafka erlebte den Zusammenbruch dieses Kaiserreichs im ersten Weltkrieg und die Gründung der tschechisch-slowakischen Republik, er erlebte die Anfänge des tschechischen Nationalismus und des Antisemitismus. Zeitweise war er fasziniert von der Haltung der aus Russland und Polen nach Österreich geflohenen oder eingewanderten Ostjuden, die weniger assimilationsbereit und um religiöse Eigenständigkeit bemüht waren. Während der Vater Hermann Kafka sein Galanteriewarengeschäft in der Zeltnergasse am Rande des Prager Ghettos eröffnete, seine Familie später sowohl als tschechisch als auch deutsch deklarierte, nur noch gelegentlich in die Synagoge ging, besuchte der Sohn Franz die Vorstellungen ostjüdischer Schauspieler, interessierte sich für die jiddische Sprache, die Märchenhaftigkeit ihrer Stücke und für die chassidischen Legenden. Zahlreiche seiner Erzählungen können als Auseinandersetzung eines modern denkenden, deutsch sprechenden und schreibenden Westjuden mit dieser Konfliktlage gelesen werden.

Kafka hat - anders als sein durch das Schreiben berühmt gewordener Landsmann Rainer Maria Rilke - Prag nie für längere Zeit verlassen. Er hat in seiner Jugend zwar überlegt, ob er nach Amerika auswandern könnte (und diese Frage in einem Romanfragment mit dem Titel »Amerika« durchdacht), aber einige Urlaubsreisen nach Paris und nach Italien, das war alles, was er realisierte. Erst in seinem letzten Lebensjahr zog er für einige Monate nach Berlin. Die Atmosphäre der Stadt Prag, die mittelalterlichen Gassen der Altstadt, die Vorstädte mit ihren Mietshäusern, der Veitsdom, die Karlsbrücke, die Alchimistengasse hinauf zum Hradschin bilden den wieder erkennbaren Hintergrund seiner Geschichten und seines berühmtesten Romans Der Proceß.
In das literarische Leben Prags wurde Kafka von Max Brod eingeführt. Brod studierte wie er Jura, arbeitete - wie Kafka in der Arbeiter-Unfallversicherung - bei der Post, und zwar lediglich halbtags. So blieben ihm (und auch Kafka) Zeit für ihre literarischen Pläne.

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