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Florian Russi

Lustige, spannende, fantasievolle Märchen über Zwerge, den Zauberer Krabat und den Müllergesellen Pumphut sind hier versammelt.

Krankenversorgung im alten Weimar

Krankenversorgung im alten Weimar

Carolin Eberhardt

Die ersten Krankenhäuser der Stadt

Bereits während des 14. Jahrhunderts existierten verschiedene, meist kirchliche, Hospitäler in der Stadt Weimar, deren Aufgabe in der medizinischen Versorgung der Bevölkerung lag. Regelmäßige Arztvisiten in den eigenen vier Wänden waren zwar nur den gutbetuchten Bürgern vorbehalten und das Quacksalbertum erlangte mehr und mehr an Einfluss, doch auch die nicht so gut begüterten Einwohner konnten hier medizinische Hilfe ersuchen. Auch bei, aus heutiger Sicht, kleineren gesundheitlichen Beeinträchtigungen, wie zum Beispiel Läusebefall oder Krätze, waren die Hospitäler eine Anlaufstelle.

Als eines der ältesten Spitäler wird in der historischen Literatur das Hospital St. Laurentii, oder auch St. Lorenz-Hospital, genannt. Es wurde bereits 1387 in der Nähe des Kegeltors erbaut, vermutet wird der Standort des späteren Schlachthauses. 1567 wurden Gebäude und Einrichtung der humanitären Anlage durch eine großzügige Schenkung eines Kurfürsten erneuert. Die Kapazität von 8 Pflegeplätzen scheint gegenüber der damaligen Einwohnerzahlen wenig angemessen, waren doch bereits im Jahr 1500 nicht weniger als 1.800 Bürger in der Stadt angesiedelt, von denen eine Vielzahl nicht über die nötigen Mittel für eine häusliche medizinische Versorgung verfügten. Hinzu kommt, dass bei Aufnahme in die Einrichtung 30 Gulden durch den Patienten an das Spital zu entrichten waren. Die Unterhaltung der Einrichtung wurde zusätzlich mit fürstlichen Mitteln bewerkstelligt. Bei Zahlungsunfähigkeit des Erkrankten, konnten diesem die Kosten anteilig oder vollständig erlassen werden. Durch die große Überschwemmung von 1613 ging das Hospital mit mehreren anderen umstehenden Gebäuden zugrunde.

Die zweitälteste humanitäre Einrichtung war das Hospital an der Falkenburg, welches sich am Standort des heutigen Leonardo Hotels in der Belvederer Allee befand. Graf Hermann von Oralmünde finanzierte das 1481 eröffnete Spital, die an das Spital angeschlossene Kapelle wurde bereits 1461 von Probst Hermann gestiftet. Aus geschichtlichen Aufzeichnungen geht hervor, dass ein Stein mit Inschrift der Kapelle in dem Haus des Schmieds zu Oberweimar eingemauert worden sein soll. Die Aufnahme in das Spital war mit Kosten von 8 bis 10 Gulden angesetzt, die Entrichtung der Gebühr bei Zahlungsunfähigkeit des Patienten war über die fürstliche Kammer möglich. Im Zuge der Erhaltung seines „Geschützwesens“ und zur Übung seiner Truppen ließ Herzog Ernst August I. nicht nur an der Straße von Weimar nach Belvedere eine Schanze anlegen, sondern veranlasste den Umbau des ursprünglichen kleinen französischen Schlosses, in welchem sich das Spital befand, in eine Burg, die Falkenburg. Diese diente nur kurzzeitig als Zeughaus, zur Lagerung von Waffen und anderem Gefechtsmaterial, denn bereits 1756 ließ Ernst August Konstantin, der Sohn Ernst Augusts, das Gebäude abtragen

1552 wurde erstmalig das vor dem äußeren Jakobstor am Graben gelegene Asbach-Hospital erwähnt. Dieses wurde nach der Errichtung der Falkenburg mit dem einstmaligen Oberweimarischen Hospital zusammengelegt und fasste eine Kapazität von 8 Plätzen. Bereits zwei Jahre nach seiner Ersterwähnung erschütterte ein das Spital betreffender Skandal den Ruf der Einrichtung. Trotz unentgeltlicher Aufnahme der Patienten wurde im Jahr 1564 fünf mittelosen Menschen die Aufnahme verweigert, woraufhin sie sich bei heftigem Regen Zuflucht in einem Steinbruch suchen mussten. Der tragische Einsturz ihrer Zufluchtsstätte brachte die Hilfesuchenden ums Leben. Neben seiner Funktion als Krankenhaus, wurde das Asbach-Hospital als Armenhaus, heute vergleichbar mit einem Obdachlosenheim, genutzt. Nach einem weiteren dramatischen Vorfall 1769, bei dem ein schwerstkranker Mann wegen unterlassener Pflegeleistungen verstarb, ging die Verantwortung für die Krankenpflege in großherzogliche Obhut über.

1832 erfolgte der Zusammenschluss des Asbach-Hospitals, des St. Martinus Spitals und des Oberweimarischen Hospitals zum Gesamt-Hospital vor dem Jakobstor, welches auch als das Louisenstift, nach der Frau von Carl August, benannt wurde. Die Einrichtung umfasste 19 Plätze, allerdings war die Zielgruppe hier ausschließlich auf Frauen beschränkt, welche freie Wohnung, Heizung und, bei Krankheit, Pflege, Versorgung und Nahrungsmittel erhielten. Die Aufnahmebedingungen beschränkten den Klientenkreis weiterhin auf mittellose, pflegebedürftige Frauen mit „unbescholtenem Ruf“ über 50 Jahre, mit der Fähigkeit, sich selbst zu waschen und anzukleiden. Ein Hospitalvater trug die Verantwortung und die Fürsorgepflicht. Bei Aufnahme in die Anstalt mussten auch hier 30 Gulden entrichtet werden, die in besonderen Fällen wiederum erlassen werden konnten. Verstarb einer der Klienten, den sogenannten „Hospitaliten“, fiel ihr Vermögen in der Regel der Anstalt zu. Die Gründung der Einrichtung geht auf Großherzogin Maria Pawlowna zurück. Um die alltäglichen Aufwendungen der „Klinik“ abzusichern, wurde diese aus der Großherzoglichen Staatskasse in „Naturalien“, Brot und Bier, reichlich subventioniert.

Im Zeitraum von 1829-1832 wurde das Städtische Krankenhaus mit Lage am Asbach erbaut. Ein Anbau erfolgte 1853, ein weiterer wurde 1854 speziell für „ständige Pfleglinge“ errichtet, so dass die Unterbringung von mehr als 30 Patienten in verschiedenen Abteilungen möglich war. Die Kosten wurden je nach Schweregrad der Erkrankungen und Versorgungsaufwand berechnet und mussten von den Patienten selbst getragen werden. Weitere Geldzuwendungen ermöglichten schon bald die Selbsterhaltung des Krankenhauses, die Patienten trugen fortan nur einen geringen Teil der Behandlungskosten selbst, mittellosen Kranken wurde der Beitrag vollständig erlassen.

War die Krankenversorgung um die 1800-Wende noch auf Grund fehlender Pflegeplätze, fragwürdiger Heilpraktiken, wie Senfpflaster, kalte Wickel und Branntwein als am häufigsten angewendete Kuren bei verschiedenen Erkrankungen, und geringer niederschwelliger Versorgungsangebote unzureichend ausgebaut, konnte durch die Umorganisation der medizinischen Betreuung sowie durch den Neubau des Städtischen Krankenhauses ein bedeutender Schritt in Richtung eines fortschrittlichen Gesundheitssystems getan werden

 


Textquellen:

Bock, Wilhelm (Oberbürgermeister): Armen- und Heilanstalten sowie darauf bezüglich Stiftungen der Großherzogl. Residenzstadt Weimar: ein weiterer Beitrag zum Verständnis der Gemeindeverwaltung, Weimar, 1860.

Klauss, Jochen: Alltag im „klassischen Weimar“ 1750-1850: Nationale Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur in Weimar, Weimar: Druckhaus Weimar, 1990.

Günther, Gitta; Huschke, Wolfram; Steiner, Walter (Hrsg.): Weimar: Lexikon zur Stadtgeschichte, Weimar: Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger.

Schöll, Adolf: Weimar’s Merkwürdigkeiten einst und jetzt: Ein Führer für Fremde und Einheimische, Weimar: Landes-Industrie-Comptoir, 1857.

Graebner, Carl: Die Großherzogliche Haupt- und Residenz-Stadt Weimar, nach ihrer Geschichte und ihren gegenwärtigen gesammten Verhältnissen dargestellt: Ein Handbuch für Einheimische und Fremde, Erfurt: Friedrich Wilhelm Andrea, 1830.

Heyne, Eduard von: Geschichte des 5. Thüringischen Infanterie-Regiments Nr. 94 (Großherzog von Sachsen), vormaligen Großherzoglich Sächsischen Bundes-Contingentes und seiner Stämme, Weimar: Hermann Böhlau, 1869.

Biedenfeld, Ferdinand von: Ein Tag in Weimar: Ein kurzgefaßter Fremdenführer, Weimar: Verlag von Ferd. Jansen und Comp., 1852.

 

Bildquellen:
Vorschaubild: Den syge pige „Das kranke Mädchen“, Ölgemälde, 1882, Urheber: Michael Ancher via Wikimedia Commons Gemeinfrei.
Neueres Kegeltor rechts der Ilm (Ansicht von der Kegelbrücke nach Osten, um 1910, Urheber: unbekannt via Wikimedia Commons Gemeinfrei.
Reisigträgerin, 1903, Urheber: Louis Held via Wikimedia Commons Gemeinfrei.
Asbach-Tal in Weimar mit Silberbrunnen, 1569, Urheber: Frans Hogenberg via Wikimedia Commons Gemeinfrei.
Federnschleißen an einem Novemberabend im Luisenstift Weimar, 1877, Urheber: Otto Piltz via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

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