Weimar-Lese

Gehe zu Navigation | Seiteninhalt
Weimar-Lese
Das Weihnachtsbuch

Das Weihnachtsbuch - Peter Hahne

beinhaltet die Weihnachtsgeschichte aus dem Lukasevangelium, enthält prägnante Gedanken zum Fest der Feste, erfreut den Leser durch interessante zeitgemäße Erzählungen und stimmt uns auf Weihnachten ein.

O du fröhliche ...

O du fröhliche ...

Johannes Daniel Falk

Ein Lied für Straßenkinder

Im Weimarer Waisenhaus steht seine Wiege. Jetzt wird es in allen Erdteilen der Welt gesungen. Was der Dichter für seine Sonntagsschulkinder schrieb, ist der Hit weltweit: „O du fröhliche ..."

Wohl in keinem Lied kommt so schlicht und klar die Weihnachtsbotschaft zum Klingen. Einfachheit und Tiefe liegen eng beieinander. Ein Lied, das Geschichte macht. Und ein Lied, das Geschichte hat.

Johann Daniel Falk
Johann Daniel Falk

Johannes Daniel Falk (1768 - 1826) hat es geschrieben. Sohn eines armen Perückenmachers aus Danzig. Ein städtisches Stipendium verhalf zu Abitur und Studium. Er besuchte Schiller in Jena und freundete sich mit Goethe in Weimar an. Über ihn verfasste er auch eine Biographie.

Falk, dem christlichen Glauben entfremdet, arbeitete für verschiedene Zeitschriften. Seine Texte waren von beißender Ironie. Er schrieb Theaterstücke und gab die „Taschenbücher für Freunde des Scherzes und der Satire&quoquot; heraus.

1806 erlebte er die Besetzung Deutschlands durch Napoleon. Das Jahr 1813 bedeutete für den spöttischen Gottesleugner von Weimar die Wende. Nach der Völkerschlacht bei Leipzig ging eine Seuche durchs Land. Vier seiner Kinder starben innerhalb weniger Wochen im Vorschulalter. Als dann auch noch seine älteren Kinder sterbenskrank wurden und er selbst wochenlang zwischen Leben und Tod schwebte, klagte er: Will das ein Gott der Liebe sein, der solches zulässt?! Für ihn schien er grausam und unbarmherzig. Doch diese schreckliche Zeit wurde für den Satiredichter Falk zum Segen Gottes. Seine Mutter hatte ihm den Glauben an Jesus Christus so überzeugend vorgelebt, dass er nun zum lebensrettenden Halt wurde. „Gott hat mir meine Kinder genommen, damit ich mich den Verlorenen und Heimatlosen zuwende".

Resignation und Anklage wandelten sich zu einem Glaubensleben von großer Gewissheit von Ausstrahlung. Er gründete die „Gesellschaft der Freunde in Not", nahm Waisenkinder auf und eröffnete schließlich den „Lutherhof".

Bis zu seinem Tod betreute Falk dort mehr als 500 Kinder, die er meist verwahrlost von der Straße holte. Einem Freund schrieb er: „Könnten Sie uns sehen, Sie würden sich freuen und Gott preisen. Kinder von Räubern und Mördern singen Psalmen und beten ... die Liebe trägt den Sieg davon."

Nach diesem Modell schuf Johann Hinrich Wichern (1806 - 1881), der Begründer der neuzeitlichen Diakonie, das „Rauhe Haus" in Hamburg.

Wie grundlegend sich Falks Leben verändert hatte, wie realistisch der Glaube seinen Alltag beeinflusste, kommt in einem Gedicht zum Thema „Vertrauen" zum Ausdruck: „Ihr Sorgen weicht - laßt mich in Ruh! Denn Gott will für mich sorgen."

Und das Lied? Es entsprang dieser bewegenden Lebensgeschichte. „Der Freund in der Not" nannte Falk sein Kinderliederbuch 1819. Darin auch das Dreifeiertagslied „O du fröhliche", von dem wir nur die weihnachtliche erste Strophe singen. Unsere zwei weiteren kamen erst später hinzu. Ursprünglich hat der Weimarer Waisenvater Falk Ostern („Welt lag in Banden, Christ ist erstanden") und Pfingsten („Christ, unser Meister, heiligt die Geister") besungen.

Ein alter Kirchengesang gab dafür die Melodie, deren Ursprung allerdings ein sizilianisches Fischerlied sein soll. „Ich sprach es den Kindern in der Sonntagsschule zweimal vor, da konnten es alle." Heute kann es alle Welt. Vielleicht ist es die bewegende Geschichte, die den einfachen Strophen solch geheimnisvolle Überzeugungskraft gibt: „Welt ging verloren, Christ ist geboren. Freude, freue dich, o Christenheit!"

Peter Hahne

Liedtext:

Strophe 1 von Johannes Falk (1815); Strophen 2 und 3 von Joh. G. Holzschuher (1829)  

abspielen                                      drucken

 

*****

Quellen:
Text: Peter Hahne: Frohe Weihnachten; 3. Auflage; Hännsler-Verlag; Stuttgart, 1996.
Liedtext: Johannes Daniel Falk: Gesellschaft der Freunde in der Not. Zweyter Bericht. 1816.
Noten: gesetzt, bearbeitet und digitalisiert von Hanna Glietz.

Bilder:
- Johann Daniel Falk, Gemälde von Louise Seidler, gemeinfrei.
- Bild "Waisenkinder", Thomas Benjamin Kennington, gemeinfrei
- Weihnachtskugel: Titelbild, Weihnachtskugel, Julian Nitzsche.

Weitere Beiträge dieser Rubrik

Freudvoll und leidvoll, gedankenvoll sein
von Johann Wolfgang von Goethe
MEHR
Ein Lied für Weimar
von Günter von Dreyfuß
MEHR
Anzeige:
Unsere Website benutzt Cookies. Durch die weitere Nutzung unserer Inhalte stimmen Sie der Verwendung zu. Akzeptieren Weitere Informationen