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Carolin Eberhardt (Hg.)

Spiele im Freien

In diesem kleinen Heft sind 12 verschiedene Teamspiele/Mannschaftsspiele für Draußen vorgestellt. Sie förden den Teamgeist, schärfen die Sinne, und verbessern Empathie und Gemeinschaftssinn.

Henry van de Velde

Henry van de Velde

Uta Plisch

Henry van de Velde 1904 auf einer Fotografie von Nicola Perscheid.
Henry van de Velde 1904 auf einer Fotografie von Nicola Perscheid.

Henry Clement van de Velde (1863-1957) war ein belgischer Architekt und als Designer seiner Zeit weit voraus. Er entwarf nicht nur Gebäude, sondern auch gleich die passenden Gebrauchsgegenstände und Möbel, ja sogar die passende Kleidung dazu. Er studierte Malerei in Antwerpen und gilt als einer der vielseitigsten Künstler des Jugendstils und des Art Nouveau. Van de Velde betrieb eine fundamentale Erneuerung der angewandten Kunst. Seine Arbeiten in den unterschiedlichsten Materialien überwanden das gegenständliche Dekorum des späten 19. Jahrhunderts.

»Ein Gefühl von Unruhe und mangelnder Befriedigung beherrschte uns um 1890 so allgemein«, schrieb Henry van de Velde in seinen Kunstgewerblichen Laienpredigten (in deutscher Sprache 1902 erschienen). 1893/1894 beendete er seine Laufbahn als Maler, um sich fortan der Architektur und der angewandten Kunst zuzuwenden. Er erhob die Linie zum alleinigen Ausdrucksträger seiner Objekte.

Uns interessiert hier vor allem seine Zeit in Weimar von 1902 bis 1917. Sein Freund Henry Graf Kessler vermittelte ihm im Jahr 1902 eine Tätigkeit als künstlerischer Berater für Industrie und Kunsthandwerk des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach. «Ich fasse die Aufgabe, die Seine Königliche Hoheit mir anvertraut haben, nicht anders auf, als dass ich beitragen soll, den Stil des 20. Jahrhunderts zu gestalten», schrieb Henry van de Velde 1902 an den Herzog. Diese Aufgabe erfüllte er mustergültig durch eine intelligente Wirtschaftsförderung.

Nietzsche Archiv in der Villa Silberblick (Bild von R.Möhler)
Nietzsche Archiv in der Villa Silberblick (Bild von R.Möhler)

Die folgenden 15 Weimarer Jahre sollten seine intensivste und produktivste Schaffensperiode werden. Van de Veldes acht Bauten in der Stadt an der Ilm zeigen sehr anschaulich, dass es in Weimar nicht immer "nur" Goethe sein muss. Auf einem Erkundungsgang kann man die Villa Dürckheim in der Cranachstraße oder das Wohnhaus van de Veldes, "Hohe Pappeln", einschließlich des Gartens besichtigen. Das Nietzsche-Archiv ist für Van-de-Velde-Fans vor allem wegen der einzig vollständig erhaltenen Inneneinrichtung des Künstlers interessant.

Die ehemalige Kunstgewerbeschule in Weimar (Bild von R.Möhler)
Die ehemalige Kunstgewerbeschule in Weimar (Bild von R.Möhler)

Sein offizieller Auftrag in Weimar lautete, durch Beratung der thüringischen Handwerksbetriebe und Fabriken das ästhetische Niveau der hergestellten Produkte zu heben, um den überregionalen Absatz zu steigern. Er begann seine Tätigkeit mit Inspektionsreisen kreuz und quer durch das Herzogtum und gründete gleich nach seinem Amtsantritt 1902 ein kunstgewerbliches Seminar, das er in wenigen Jahren zur Grossherzoglichen Kunstgewerbeschule - Keimzelle der Bauhaus-Architektur - weiterentwickelte.

Der Erfolg seiner Maßnahmen ließ nicht lange auf sich warten: Durch eigene Aufträge sowie durch die Vermittlung von Geschäften machte er zwischen 1902 und 1915 in Thüringen mehrere Millionen Goldmark Umsatz. In Weimar produzierten insbesondere der Kunsttischler Scheidemantel und der Silberschmied Theodor Müller nach van de Veldes Entwürfen Meisterstücke material- und funktionsgerechter Form.

Van der Veldes Anliegen war es auch, die sozialen Verhältnisse der Handwerker zu verbessern, indem er ihnen half, ihre Produkte attraktiver zu gestalten. Den bescheidenen Handwerkern in Tannroda half er, über simple Körbe hinaus auch elegante Korbmöbel herzustellen.

Manchmal allerdings war auch er ratlos - so in den windgebeutelten Dörfern Kaltennordheim und Empfertshausen, wo künstlerisch nullwertige Reisesouvenirs und Bäderartikel produziert wurden und von wo er berichtete: «Nun ist die Sorge, die über den Häuptern dieser armen Bevölkerung hängt, schrecklich, und das Schlimmste ist, dass niemand in der Welt ihnen zu helfen vermag . . .»

Möbel, Lampen, Bestecke, Keramiken und Porzellan nach van de Veldes Entwürfen sowie Arbeiten seiner Schüler findet man in Weimar in einem Saal des Bauhaus-Museums.

Eine hübsche Anekdote über seine Auftritte bei Hof ist uns erhalten geblieben. Bevor er die Berufung zum künstlerischen Berater im Großherzogtum Sachsen-Weimar annahm, hatte er zur Bedingung gemacht, nie in Höflingsuniform antreten zu müssen. Bei gesellschaftlichen Anlässen bei Hofe erschien er immer nur im Frack. Dem darüber etwas irritierten Landesherrn Wilhelm Ernst empfahl der Künstler, sich vorzustellen, er - van de Velde - sei ein offizieller Repräsentant der USA. Ja, modern war man im Thüringen der Jahrhundertwende (1900) wohl nicht.

Van der Velde verließ Deutschland 1917, da die Ausländerfeindlichkeit in allen Gesellschaftsschichten immer stärker wurde.

1925 erhielt er eine Professur für Architektur an der Universität Gent und wurde ein Jahr später Direktor des neu gegründeten Institut Supérieur des Arts Décoratifs (ISAD) in Brüssel. 1936 emeritierte er, beteiligte sich aber noch an den zwei Weltausstellungen in Paris 1937 und in New York 1939. Wegen seiner Tätigkeit als Conseiller esthétique de la reconstruction unter deutscher Besatzung wurde van de Velde nach dem Zweiten Weltkrieg in Belgien angefeindet. 1947 zog er sich in die Schweiz zurück und starb dort 1957 in Zürich.

Die folgende Auflistung von architektonischen Werken van de Veldes erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, zeigt aber seine ganze Vielfalt:

  • 1895: »Bloemenwerf«, eigenes Wohnhaus in Uccle bei Brüssel (Belgien)
  • 1900-1902: Innenausbau für das »Museum Folkwang« in Hagen
  • 1902-1903, 1911: »Villa Esche«, Wohnhaus für den Fabrikanten Herbert Esche in Chemnitz
  • 1903: »Nietzsche-Archiv« in Weimar
  • 1904: Sommerhaus für Emil Possehl an der Strandpromenade in Travemünde (Einrichtung heute im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg)
  • 1906-1907: Clubhaus des Chemnitzer Lawn-Tennis-Club in Chemnitz (zerstört)
  • 1907-1908: »Hohenhof«, Wohnhaus für Karl Ernst Osthaus in Hagen
  • 1907-1908: »Haus Hohe Pappeln«, eigenes Wohnhaus in Weimar
  • 1909-1911: Ernst-Abbe-Denkmal in Jena (mit Werken der Bildhauer Max Klinger und Constantin Meunier)
  • 1912-1913: Palais des Grafen Dürckheim in Weimar
  • 1913-1914: »Werkbund-Theater«, in der Kölner Werkbundausstellung
  • 1913-1914: »Haus Schulenburg«, Wohnhaus für den Fabrikanten Paul Schulenburg in Gera
  • 1913-1914: Wohnhaus für den Fabrikanten Dr. Theo Koerner in Chemnitz
  • 1929-1931: Altersheim der Minna-James-Heineman-Stiftung in Hannover
  • 1936: Logo der NMBS (Belgische Staatsbahn)
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