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Die Fibel zum Dresdner Schriftspracherwerb

Die Fibel ist eine farbenfrohe leseanregende Ergänzung zur Arbeit mit den Schülerarbeitsheften des Dresdner Schriftspracherwerbs. Auch sie basiert auf der gleichen Buchstabenprogression und arbeitet mit Lautzeichen. Zur besseren Lesbarkeit sind die Silben konsequent farbig abgesetzt.

Rabimmel, rabammel, rabumm - Das Glockenspiel im Rathaus

Rabimmel, rabammel, rabumm - Das Glockenspiel im Rathaus

Karla Augusta

Nicht genug damit, dass die Thüringer Bratwurst einfach einmalig ist; verspeist man sie auf dem Weimarer Marktplatz, ist sie wahrscheinlich die Einzige weit und breit, die man mit musikalischer Begleitung genießen kann.

Zartestes Glockengeläut pünktlich um 10, 12, 15, und 17 Uhr verleihen dem Verzehr fast etwas Andächtiges. Quell des Ohrenschmauses sind die Glocken eines Meißner Porzellanglockenspiels am Weimarer Rathaus, welches auf eine lange Tradition zurückblicken kann.

Rathaus Weimar
Rathaus Weimar
Liebliches Geläute soll bereits 1929 zu hören gewesen sein, von einem Porzellanglockenspiel mit original Börner-Glocken (Paul-Emil Börner, großartiger Porzellankünstler aus Meißen, dessen Johannisglocke zu den am reichsten ausgestatteten Glocken der Welt zählt!). Im Jahre 1967 fand man 12 dieser Glocken auf dem Dachboden des Weimarer Rathauses und ergänzte diese mit weiteren 23. Das so entstandene Glockenspiel wurde zunächst im Schloss Belvedere aufgehängt, jedoch nach kurzer Zeit wieder abgebaut, da der Standort ungünstig war. In Vergessenheit geraten, versank es in einen Dornröschenschlaf, der bis in die 80er Jahre andauern sollte. Wachgeküsst wurde es von Dieter Kammer, einem Weimarer Bürger, der die Glocken 1983 im Kohlenkeller des Gärtnerhauses in Belvedere fand. Die 35 Glocken wurden der Porzellanmanufaktur Meißen zur Überprüfung übergeben. Gemeinsam mit der Firma Turmuhrbau Klaus Ferner, vorm. Otto Fischer, Turm- und Hofuhren aus Niederau bei Dresden und den Fachleuten vor Ort wurde innerhalb von viereinhalb Jahren das Porzellanglockenspiel wieder aufgebaut. Diesmal hatte man mit der Standortwahl ein glücklicheres Händchen: Der Turm des Weimarer Rathauses. Hier wird das Glockenspiel mit der original nachempfundenen Rathausuhr (in früherer Form wie ein Bilderrahmen mit Bild) betrieben.

Trotzdem es nun schon seit einigen Jahren elektronisch zum Klingen gebracht wird, hat es sich seine Einmaligkeit bewahrt: Das Besondere des Weimarer Glockenspiels liegt darin, dass es auch wie ein Instrument zu spielen ist, von Zeit zu Zeit wird es auch von Hand gespielt. Üblich ist jedoch die programmgesteuerte Wiedergabe von insgesamt 14 Melodien mit Weimar-Bezug, die in drei Gruppen zusammengefasst zu bestimmten Jahreszeiten gespielt werden.

Aber auch ein Glockenspiel braucht bei diesem „Arbeitspensum" mal eine Pause, und die ist im Winter. Sie beginnt in der Regel am 31. Dezember und dauert bis Ende März, da die Porzellanglocken sonst bei großer Kälte zerspringen könnten.

Und nun noch ein paar Worte zum Rathaus selbst. Seit Mitte des 19.Jahrhunderts steht es nun würdevoll am Marktplatz und blickt mit seiner neugotischen Fassade auf Menschen, Kutschen, Pferde, Obst und Gemüse.

Das allererste Rathaus an dieser Stelle wurde allerdings schon um 1400 erwähnt, es fiel aber einem Stadtbrand zum Opfer.

Auch dem Nachfolger, einem von 1560 bis 1583 erbauten Renaissance-Gebäude, erging es nicht besser: am 30. November 1837 ging es ebenfalls in Flammen auf. Übrig blieben nur das Stadtwappen und zwei steinerne Portale, die heute die Vorräume zum Amtszimmer des Oberbürgermeisters schmücken.

Das heutige Rathaus ist also bereits das dritte an dieser Stelle. Es wurde nach einem Entwurf von Heinrich Heß errichtet. Steht man vor dem Haus, mit dem Marktplatz im Rücken, fällt einem gleich der gestufte mittlere Turmaufsatz ins Auge, hier befindet sich heute das Glockenspiel.

Im Rathaus sind heute neben dem großen Sitzungssaal, der Pressestelle und dem Trauzimmer u. a. auch die Diensträume des Oberbürgermeisters. Er hat, möchte ich behaupten, das schönste Arbeitszimmer: grenz daran doch sogleich der wunderschöne Balkon und mich würde es nicht wundern, wenn er den einen oder anderen „Dienstkaffee" versteckt hinter den Geranien schlürft und den Stimmen seiner „Untertanen" lauscht ... Dem Besucher wird schon bei seinem Eintritt ins Treppenhaus „Geschichte pur" verabreicht: Während man zu den „heiligen Hallen" empor steigt, begleiten drei Gemälde des Weimarer Historienmalers Hans W. Schmidt (1859-1950), die den Einzug des Kurfürsten Johann Friedrich, ein Konzert Franz Liszts vor dem großherzoglichen Hof und die Tafelrunde der Herzoginwitwe Anna Amalia im Wittumspalais zeigen, das Auge auf seinem Weg nach oben.

Stimmungsvoll wird man jedoch schon im Vestibül des Erdgeschosses von einer "Frühlingsgöttin" des Weimarer Bildhauers Martin Gottlieb Klauer (1742-1801) empfangen. Sie ist übrigens nicht die einzige zu Stein gewordene Schönheit: Der vielseitige Künstler hat auch die Neptun-Skulptur auf dem Brunnen vor der Hofapotheke sowie viele in den Museen der Stadt befindliche Skulpturen und Büsten Weimarer Persönlichkeiten der Goethezeit geschaffen.

Und nun kehren wir an den Anfang unserer kleinen Geschichte zurück: Es ist gleich 12 Uhr und herrliches Spätsommerwetter, beste Zeit also für eine leckere Thüringer Bratwurst inklusive Glockengeläut - mal sehn, was heute auf dem Programm steht ...


Eure Karla Augusta

 

 

 

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Fotos: Karla Augusta

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