Weimar-Lese

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Kennst du Heinrich von Kleist?

Kennst du Heinrich von Kleist?

Arno Pielenz

2007, 144 Seiten, ab 15 Jahre

Heinrich von Kleist

Heinrich von Kleist

Florian Russi

Kleist, der in seinem kurzen Leben viel auf Reisen und immer auf der Suche nach Anerkennung, Erfolg und Entfaltungsmöglichkeiten war, besuchte Weimar im Herbst 1802. Von November 1802 bis Februar 1803 war er Gast bei dem großen Talentförderer Christoph Martin Wieland auf dessen Landsitz in Oßmannstedt. Dessen Lob und Anerkennung bezeichnete Kleist als den „stolzesten Augenblick meines Lebens." Am 2. März 1808 wurde unter der Leitung Goethes Kleists Komödie „Der zerbrochene Krug" in Weimar uraufgeführt, fiel aber beim Publikum und der Kritik durch. Kleist gab Goethe die Schuld daran und soll überlegt haben, ihn zum Duell herauszufordern. Schließlich beließ er es bei einigen gehässigen Versen gegen den erfolgreichen Kollegen.

Heute gehört Kleist, insbesondere auch mit seinem in Weimar kläglich gescheiterten „Zerbrochnen Krug" zu den meist gespielten deutschsprachigen Autoren in der Welt.

Arno Pielenz schreibt in seinem Buch „Kennst du Heinrich von Kleist", erschienen im Bertuch Verlag Weimar 2007, über Kleists Nachruhm:

Nachruhm! Was ist das für ein seltsames Ding, das man erst genießen kann, wenn man nicht mehr ist?
(Brief an Wilhelmine von Zenge, 15. August 1801)

Kleists Werke erschienen erstmals in damals möglicher Vollständigkeit 1826, herausgegeben durch den Dichter Ludwig Tieck; erst 1848 (also 37 Jahre nach dem Tode des Dichters) versucht sich Eduard von Bülow an einer Lebensbeschreibung. Viele Zeitzeugen waren verstorben, Dokumente vernichtet.

Im Wilhelminischen Kaiserreich sah man in Kleist vor allem den vaterländischen Dichter, ebenso im NS-Staat von 1933 bis 1945. Aber gerade die Krisen und Kriege des 20. Jahrhunderts schärften das Gefühl für die Zerrissenheit und Abgründigkeit der menschlichen Seele, die Kleist so eindringlich gestaltet hat. Seitdem ist Kleist immer wieder eine Herausforderung für Regisseure und Schauspieler, für Wissenschaftler und vor allem für den Leser. Eine Diskussion über sein Werk wird immer auch eine Auseinandersetzung »mit der gebrechlichen Einrichtung der Welt« (»Michael Kohlhaas«).

1920 wurde die Kleist-Gesellschaft gegründet, die sich große Verdienste um die Erschließung und Verbreitung seines Werkes erwarb.

Anlässlich des 100. Todestages wird die Stiftung eines Kleist-Preises angeregt, den in den folgenden Jahren u. a. Arnold Zweig, Ernst Barlach, Bertolt Brecht und Anna Seghers erhalten. 1933 wird die Kleist-Stiftung aufgelöst; der Preis wird seit 1985 wieder von der (1962 neugegründeten) Heinrich-von-Kleist-Gesellschaft verliehen, u.a. an Thomas Brasch, Heiner Müller, Monika Maron und Martin Mosebach.

Erste Übersetzungen Kleists waren schon vor 1830 erschienen, aber auch hier brachte erst das 20. Jahrhundert den weltweiten Durchbruch: Seine Werke liegen in allen Weltsprachen vor, auch z. B. in Ungarisch, Japanisch oder der Kunstsprache Esperanto. Vor allem der »Michael Kohlhaas« (über 30 Übersetzungen) wird rund um die Erde gelesen, und Dorfrichter Adam spielt auf Bühnen in aller Welt. Die »Heilbronner Kleist-Blätter« vermerken für die Spielzeit 2005/06 fast 40 Premieren Kleistscher Stücke auf Deutschlands Bühnen, am häufigsten den »Zerbrochnen Krug«, aber auch den als Schauspiel gestalteten »Michael Kohlhaas«. Verfilmungen für Kino und Fernsehen werden immer häufiger, allein der »Zerbrochne Krug« kann in einem Dutzend Fassungen gesehen werden (darunter auf plattdeutsch). Wenn in den Lehrplänen für die Schulen noch Dichternamen genannt werden, fehlt der Kleists nie. Die Zahl der wissenschaftlichen Arbeiten über ihn ist kaum noch zu überblicken.

Erfasst und gesammelt werden sie u. a. vom Kleist-Archiv Sembdner (benannt nach dem bedeutenden Kleistforscher) in Heilbronn (www.kleist.org) und dem Kleist-Museum in seiner Geburtsstadt Frankfurt (Oder), das eine Dauerausstellung zu Leben, Werk und Wirkung des Dichters und ein bedeutendes Archiv mit Handschriften, Erstausgaben und wissenschaftlicher Literatur zu bieten hat (www.kleist-museum.de). Sie und die Kleist-Gesellschaft sind auch Anreger und Träger zahlreicher Veranstaltungen zum Gedenken an den Dichter.

Kleist ist inzwischen auch selbst Gegenstand der Dichtung geworden. Romane und Erzählungen, Gedichte und Dramen gestalten sein tragisches Schicksal, und der Film hat sich dessen angenommen. Maler, Bildhauer Komponisten fühlen sich durch sein Werk herausgefordert. - Welch ein Nachruhm ...

Im Buch „Worauf wir stolz sein können" von Florian Russi (Bertuch Verlag Weimar, 2. Auflage 2005) wird Kleist wie folgt dargestellt:

1811 veröffentlichte Heinrich von Kleist (1777-1811) das Schauspiel »Der Prinz von Homburg«. Der in Frankfurt an der Oder geborene Dichter, der mit 34 Jahren den Freitod suchte, hat in seinem kurzen Leben bedeutende Dramen, Erzählungen und Novellen verfasst. Seine Schauspiele, so das Lustspiel »Der zerbrochne Krug«, werden noch heute häufig aufgeführt, und sein »Michael Kohlhaas« ist zum Synonym für aussichtslose Rechthaberei geworden.

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