Weimar-Lese

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Kennst du Bertolt Brecht?

Gudrun Schulz

Und der Haifisch, der hat Zähne /Und die trägt er im Gesicht/ Und Macheath, der hat ein Messer /Doch das Messer sieht man nicht.

Dieser neue freche Ton des jungen Brecht revolutionierte das Theater. Seine Stücke sind aufrüttelnd, kritisch und richten sich gegen die bürgerliche Gesellschaft seiner Zeit. Er will dem Zuschauer die Augen öffnen und ihn zum eigenen Denken motivieren. „Ändere die Welt, sie braucht es!", so Brecht.

Mit Audio CD für Leser ab 16 Jahre

Kulturschatz an der Via Regia

Kulturschatz an der Via Regia

Eberhard Neumeyer

Nach außen noch immer mehr im Verborgenen: Buttelstedt.

Stadtpfarrkirche St. Nikolai in Buttelstedt
Stadtpfarrkirche St. Nikolai in Buttelstedt
Es ist der Abend des 5. September 2013. In der mächtigen Stadtpfarrkirche St. Nikolai in Buttelstedt mit ihren beeindruckenden Epitaphien im Inneren und ihrem fast 60 m hohen Turm, der alle Sichtachsen zur Stadt weithin dominiert, erklingt die Peternell-Orgel, und im wiedererstandenen Pfarrwitwenstift, dem schmucken Musik- und Ausstellungszentrum am Markt gegenüber, wird zu Ehren der in Buttelstedt geborenen berühmten Komponisten und Organisten des 18.Jhs. eine von Marlou Müller-Ortloff und Gregor Sauer aus Weimar gestaltete Klanginstallation eingeweiht. Der „Förderkreis Krebs, Fasch und Kirche Buttelstedt" ehrt Johann Ludwig Krebs, selbigen zum 300. Geburtstag, und mit ihm Johann Friedrich Fasch, seinen „musikalischen Bruder" und zweiten berühmten Sohn der Stadt. Der Förderkreis hatte sich 1992 im Rahmen einer Rettungsaktion für Kirche und Orgel mit Unterstützung namhafter Persönlichkeiten und Musiker gegründet, er trägt seitdem die Förderaktivitäten und Programme zu Musik und Kirche. Der Organist Felix Friedrich, ausgewiesener Freund Buttelstedts, national wie international geschätzter Organist an der Trost-Orgel der Schlosskirche zu Altenburg, an der Krebs bis zu seinem Tode 1780 wirkte, spielte auf einer scheinbar unspielbaren Orgel Orgelwerke von beiden Komponisten, bezog auch Johann Sebastian Bach ein, den in Weimar wirkenden „Artist in Residence" und Lehrer beider, auf deren Schaffenshöhepunkt und -ende mit den Residenzen in Altenburg und Zerbst als Empfehlung zwei herausragende Musikzentren standen. Bereits der Vater von Krebs, Johann Tobias Krebs, war Schüler von Bach und wanderte, nicht fuhr, als junger Buttelstedter Kantor zweimal wöchentlich zum Unterricht nach Weimar. Felix Friedrich und der Weimarer Kirchenmusikdirektor Ernst Salewski bescheinigten dem Buttelstedter Instrument eine herausgehobene Größe, Klanggröße und Stellung unter den Orgeln im Norden Weimars, was sich unter anderem darin dokumentiert, dass eine Reihe von originalen Bauteilen aus der Zeit von Johann Ludwig Krebs erhalten ist. Kaum jemand in St. Nikolai konnte sich dem Bann des überraschenden und nicht für möglich gehaltenen Klanges der Peternell-Orgel und dem Reiz der Bachschen Musik entziehen, dies besonders angesichts der durch die Wissenschaft in neuerer Zeit gewonnenen Erkenntnis, dass einige Bachsche Werke der Hand von Johann Ludwig Krebs zuzuschreiben sind, er nach Aussagen von Zeitgenossen also als „ächt Bachische Creatur" gelten kann. Bach selbst sprach vom „einzigen Krebs" in seinem Bache, er nannte Krebs seinen Freund und Lieblingsschüler an der Thomasschule in Leipzig und schätzte ihn als seinen Notenkopisten.
Es war ein großer Abend für die kleine Stadt.
Buttelstedt, dereinst Markt- und Gerichtsplatz, einer von vieren der Thüringer Landgrafen, und somit Gerichtsstätte des Adels, hatte, nein hat kirchen-, musik- und kulturhistorische Bedeutung. Schließlich ist Buttelstedt auch die Stadt des Theologen, Dichters, Schriftstellers und Pädagogen des 19. Jh., Gustav Steinacker, der ab 1857 in Buttelstedt Pfarrer und in Weimar mit Franz Liszt befreundet war. Er wurde in Wien geboren und starb in Buttelstedt. Ihm zu Ehren gibt es hier eine nach ihm benannte Schule. Man will sich nicht vorstellen, dass Städte wie Buttelstedt und übrigens auch das weiter nördliche, lautmäßig verwandte Buttstädt aufgrund ihrer Lage an Handelsstraßen, -plätzen, Märkten und Messen, sowie Kreuzungswegen erst mit Leipzig, dann mit Weimar konkurrierten. Die Kreuzung mit der Via Regia in Buttelstedts Altstadt bestimmte, wer die Stadt passierte, besuchte, hier verblieb. Eine Burg gab Schutz. Buttstädt kann unter anderem Bedeutsamen auf den historischen Pferdemarkt, ein Mittelalter-Stadtquartier, den Camposanto, die spätgotische Michaeliskirche verweisen, an der der Vater von Krebs nach dem Weggang aus Buttelstedt als Organist wirkte. Und schließlich - aus Buttstädt kam der Superintendent Johann Anton Mylius, der die Dichtung zu einer 2005 in den Huldigungsschriften der Herzogin Anna Amalia Bibliothek aufgefundenen Aria von Bach verfasste. Dieser Fund glich einer Sensation.
Interessierte und Überraschte sind - um nach Buttelstedt zurückzukehren - beeindruckt von den Wahrzeichen der Stadt, auffälligen wie unscheinbaren. Kirche, Menhir, Pfarrwitwenstift, alte Schule, Herrenhaus, letzteres an exponiertem Platz sehnlich auf die Sanierung wartend, sind umgeben vom Flair eines Landstädtchens, von historischen und teilweise in letzter Zeit verschönerten Plätzen, reizvollen Winkeln, Steigen und Gassen. Man empfindet dies besonders am Abend, wenn das neu gestaltete Kirchen- und Burgquartier über dem Markt, gekrönt von einem sanierten Nachbau auf dem Burgberg, der Schortmannschen Villa aus dem 19. Jh., künstliches Licht erhält.
Bleibt von diesem Tag im September aber vor allem eines: das Erlebnis der Orgel und der drängende Wunsch, sie restauriert zu erleben, der Stadt in St. Nikolai den Punkt zurückzugeben, an dem seine kirchenmusikalische Bedeutung zu hören und zu sehen ist, die Buttelstedter Organisten über die Jahrhunderte einbezogen. 
Und es bleibt die Überzeugung, dass, nachdem der Krebs-Fasch-Förderkreis Turm, Dach und Mauerwerk der Kirche gesichert und die Buttelstedter gemeinsam ihre Stadt schlicht schön und besuchenswert gemacht haben, es keinen Grund gibt, im Verborgenen zu blühen. Nördlich Ettersburg ist Buttelstedt mit seiner Historie, seinen Stadt- und Landschaftsbildern, Dörfern, Denkmalen ein Höhepunkt - auch wenn das bei der Nord-Süd-Durchfahrt zur Zeit nicht zu vermuten ist. Das Mittelalter hier zu beseitigen, ist aber nicht die Sache der Stadt.

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