Weimar-Lese

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Sesenheimer Liebeslyrik

Florian Russi

Während seines Studiums in Straßburg lernte Johann Wolfgang von Goethe die Sesenheimer Pfarrerstochter Friederike Brion kennen. Die beiden verliebten sich ineinander und Goethe wurde durch Friederike zu wundervollen Gedichten angeregt.

Einige von ihnen (Heideröslein, Mailied, Willkommen und Abschied u. a.) zählen zu seinen besten und beliebtesten überhaupt. In diesem Heft sind sie vorgestellt und mit Bildern und Erläuterungen angereichert.

Harry Graf Kessler

Harry Graf Kessler

Uta Plisch

Am 14. November 2007 fand im Audimax der Humboldt-Universität eine besondere Lesung statt. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück und Karin Hempel-Soos (Haus der Sprache und Literatur) trugen Ausschnitte aus Tagesbüchern und Dokumenten von Harry Graf Kessler vor.

Wer war dieser Harry Graf Kessler? Zur Eröffnung der Frankfurter Buchmesse im letzten Jahr charakterisierte Peer Steinbrück ihn folgendermaßen: „Ich denke da nur an Harry Graf Kessler - um ein Beispiel herauszugreifen -, einen klassischen Bourgeois, der sich vom Nationalchauvinisten im Kaiserreich zu einem der prominentesten liberalen Pazifisten in der Weimarer Republik gewandelt hat. Es sind gebrochene Biografien wie diese, die Politiker dazu bringen können, sich selber zu reflektieren, in vielem gelassener zu sein, die nötige Distanz zu gewinnen zum politischen Geschäft mit seinen Eitelkeiten, Überzogenheiten, Ritualen, Hysterien und Inszenierungen."

Kesslers Vater war ein Hamburger Bankier, seine Mutter eine irische Adelige. Geboren 1868, wuchs er in Paris, London und Hamburg auf.

Welche Verbindung bestand denn nun nach Weimar? 1903 wurde er dort zum Direktor des Großherzoglichen Museums für Kunst und Kunstgewerbe berufen. In diese Zeit fiel auch die Gründung des Deutschen Künstlerbundes durch ihn (1903), dessen Vizepräsident er wurde. Dieser Bund half weniger bekannten Künstlern wie Edvard Munch, Johannes Becher, Liliencron und den Malern der Brücke.

Befreundet war Kessler insbesondere mit Eberhard von Bodenhausen, Henry van der Velde, Max Liebermann sowie Hugo von Hofmannsthal.

1913 gründete er unter dem Namen "Cranachpresse" einen eigenen Verlag, in dem er u. a. Shakespeares Hamlet in der Übersetzung von Gerhard Hauptmann druckte.

Unmittelbar nach dem ersten Weltkrieg wurde Kessler als deutscher Abgesandter nach Polen geschickt. Nach seiner Rückkehr beschäftigte er sich intensiv mit der Idee eines Völkerbundes. 1919 verfasste er einen "Plan zu einem Völkerbunde auf Grund einer Organisation der Organisationen (Weltorganisation)", der die Verfassung eines derartigen internationalen Staatenbundes enthielt.

Er übernahm 1922 für kurze Zeit das Amt des Präsidenten der Deutschen Friedensgesellschaft. Als 1924 sein Versuch scheiterte, ein Reichstagsmandat zu erlangen, gab er die Politik weitgehend auf. Er widmete sich wieder hauptsächlich der Arbeit bei der Cranachpresse.

1933 verließ Kessler Deutschland. Er zog nach Frankreich und lebte u. a. einige Jahre in Palma de Mallorca. Dort arbeitete er konzentriert an seinen Memoiren. Leider blieb ihm bis zu seinem Tod nur die Zeit, einen Band unter dem Titel "Völker und Vaterländer" fertig zu stellen.

Harry Graf Kessler gilt als Chronist seiner Epoche. Das unvollendet gebliebene Memoirenwerk Kesslers trägt den Titel „Gesichter und Zeiten" und basiert auf seinen Tagebüchern, die er über 6 Jahrzehnte (1880-1937) fast lückenlos führte. Sie tauchten nach seinem Tod erst nach und nach auf. 1977 wurden bei einer Auktion zwei Bände und kurz danach elf weitere Bände im Antiquariatshandel angeboten. Bei der Räumung eines Banksafes in Palma findet man weitere Aufzeichnungen Kesslers, darunter auch drei Tagebücher aus den Jahren 1902-1912, die 1985 dem restlichen Bestand beigefügt wurden.

Kessler war ein akribischer Beobachter. Durch die glückliche Verbindung seiner Interessen - Kunst und Literatur einerseits und Politik andererseits - informieren die Tagebücher erschöpfend über die Gesellschaft der damaligen Zeit. Besonders hervorzuheben ist, dass er nicht nur der deutschen, sondern der europäischen Gesellschaft angehörte. Aufgewachsen in drei Ländern, besuchte er diese später ein Leben lang. Aus diesen Erfahrungen entwickelte sich seine "europäische" Gesinnung. Daraus resultierte später die Idee eines europäischen Völkerbundes.

Der erste Band von Kesslers Memoiren "Gesichter und Zeiten" erschien 1935 unter dem Titel "Völker und Vaterländer".


Leseprobe

Hier ein Beispiel aus diesem Werk. Er schildert darin seinen Aufenthalt am Johanneum, der traditionell mit dem Christianeum konkurrierenden Schule in der Hamburger Innenstandt, indem er sich analytisch und gesellschaftskritisch mit der Schule auseinandersetzt:


Wir sollten eigentlich gar nicht Griechisch oder Latein lernen, sondern arbeiten. Arbeiten um seiner selbst willen; man wollte uns abrichten zu Arbeitstieren. Vom Ideal des humanen, die ganze Menschheit und und ihre Kultur in Kopf und Herz tragenden Menschen, das die Goethezeit entflammt hatte, war nur der ungeheure Fleiß übriggeblieben, der nötig war, um den unermesslichen Stoff aufzunehmen. Und dieser Fleiß hatte sich selbstständig gemacht, wie eine Art von satanischer Majestät den Thron des humanen Ideals usurpiert, um den Herrn der neuen Zeit die für die Wirtschaft benötigten unermüdlichen und selbstzufriedenen Sklaven zu liefern. "Deutsch sein heißt eine Sache um ihrer selbst willen tun", war das Schlagwort. Ich aber wollte nicht in diesem Sinne deutsch sein. Ich wollte wissen, wozu der Schweiß? Und ich leistete erbittert und verbissen passiven Widerstand, innerlich, und soweit das anging, auch äußerlich gegen jede Arbeit, die nur meinen Fleiß, erproben und üben sollte. Ich wurde ein Rebell, mit dem Bewußtsein, ein selbstverständliches Menschenrecht zu verteidigen. Ich haßte und hinterging mit gutem Gewissen die Lehre, die uns zum Büffeln um des Büffelns willen zwingen wollten.
(Gesichter und Zeiten S. 174 f.)

Seine Tagebücher sind seit 2004 bei Klett-Cotta erschienen und beginnen mit Bd. 2, die Edition soll mit Band 9 im Jahr 2010 enden.

1961 erschien im Insel-Verlag eine Auswahl aus seinen Tagebüchern der Jahre 1918 bis 1937.

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Bild: Wikimedia Commons, Fotografie von Rudolf Dührkoop

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